„Ganz irre Streitwerte“

INTERNET Die Piratenpartei eröffnet eine Selbsthilfegruppe für Abmahnanwaltsopfer

■ 43, ist Betriebswirt und Vorsitzender des Kreisverbandes Bremerhaven der Piratenpartei.

taz: Heute tagt erstmals und offline die „Aktionsgruppe Abmahnunwesen“ der Piratenpartei. Ist das Ihr Wahlkampfauftakt, Herr Tants?

Mario Tants: Nein. Das ist schon länger geplant und wird auch über die Wahl hinaus bestehen. Unseren Wahlkampf machen wir vorwiegend online.

Ihnen geht es um Leute, die Dateien aus dem Netz herunterladen und deswegen Post von Anwälten bekommen.

Es ist natürlich illegal, Dateien herunterzuladen, die unter Urheberrechtsschutz stehen. Es geht aber nicht nur um Downloads, sondern auch um verlinkte Inhalte, die abgemahnt werden oder um vermeintliche Rechtevertreter, die Gebrauchsmusterschutz einfordern. Da werden relativ ahnungslose Menschen von Anwälten abgezockt, die zum Teil ganz bewusst außerhalb des Gesetzes stehen und auf ganz irre Streitwerte verweisen.

Aber wenn man nichts illegales aus dem Netz gezogen hat, kann man derlei Post dann nicht einfach ignorieren?

Oftmals ja, aber viele tun das nicht. Und es ist auch nicht immer richtig. Deswegen bieten wir jetzt eine Art Selbsthilfegruppe an, wo man auf bisherige Rechtssprechung oder Anwälte verweisen kann. Aber wir machen keine Rechtsberatung.

Wann sollte man Abmahnschreiben nicht einfach wegwerfen?

Wenn man tatsächlich in größerem Umfang etwas heruntergeladen hat oder ganz bewusst eine Straftat begangen hat.

Welche Abmahngebühren sind aus Ihrer Sicht okay?

Laut aktueller Rechtsprechung dürfen zum Beispiel für ein einzelnes Lied 15 Euro genommen werden. In den USA wurde kürzlich eine Klage abgewiesen, bei der für ein paar Downloads ein Streitwert geltend gemacht wurde, der alle Umsätze seit Erfindung der Schallplatte überstieg.

Und was erwarten Sie sich von der Wahl?

Ich rechne fest damit, dass wir in die Stadtverordnetenversammlung in Bremerhaven einziehen.

INTERVIEW: JAN ZIER

17 Uhr, Hafenstr. 22, Bremerhaven