Ein Mann sieht Grün

FALSCHPARKER Unionspolitiker Heiko Strohmann kämpft gegen ein Produkt ideologisch verfehlter Verkehrspolitik: den Umwelt-Ladepunkt. Der erweist sich als Hinterlassenschaft von CDU-Senatoren

Mit harten Worten hat sich der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Heiko Strohmann, in der Bremer Bild zu Wort gemeldet. „So ist das, wenn Ideologie gegen Vernunft gewinnt“, rügt er den Umwelt-Ladepunkt auf dem Jakobikirchhof. Das ist eine Stellfläche, reserviert für umweltfreundliche Lieferfahrzeuge, die über eine innovative Prüf-Elektronik für deren Plaketten verfügt. Tatsächlich wird sie selten frequentiert, gemessen an den Kosten von 40.000 Euro. „Wir haben von Anfang an gewarnt!“, behauptet Strohmann.

Doch da trügt ihn seine Erinnerung. Zwar hat der grüne Umweltsenator Reinhard Loske den Stellplatz im Herbst 2007 eingeweiht und 2008 in der Bürgerschaft gegen die CDU verteidigt – „Ich finde“, verwahrte er sich damals gegen die negative Unions-Weltsicht, „wenn man innovative Projekte macht, sollte auch Freude zum Experimentieren vorhanden sein“ –, doch mit den Federn des vom damaligen Bundesverkehrsminister Michael Glos (CSU) ausgezeichneten Pilotprojekts, dessen Kosten komplett vom EU-Umweltfonds Life übernommen wurden, durfte er sich nicht schmücken: Dafür war der Planungsvorlauf zu groß.

Um den zu überblicken, ist es nötig, sich fast zehn Jahre zurückzuversetzen. Es ist jene Zeit, in der Verwaltungsmitarbeiter noch Spaß daran haben, sachliche Projekt-Titel wie „PARticulates, Freight and Heavy Duty Vehicles in Urban EnvironMent“ – also auf Deutsch: Feinstaub, Fracht und Schwerlaster in städtischer Umwelt – zu sinnigen Abkürzungen zusammenzuziehen. In diesem Fall zum Wort „Parfum“: „Bremen hat die Leitung inne“, verkündet der Fachsenator am 29.11. 2006 den Projektstart.

Ronald-Mike Neumeyer heißt der, ein Christdemokrat. Als eine der konkretesten Maßnahmen von Parfum kündigt er „die Einrichtung eines ‚Umwelt-Ladepunktes‘“ an. Die sei ein „wichtiger Baustein zur Luftreinhalteplanung“. Wobei er damals wohl etwas erntet, was sein Vorgänger gesät hatte: Jens Eckhoff, ebenfalls CDU, und derzeit einer ihrer möglichen Spitzenkandidaten. In dessen Amtszeit avancierte Luftreinhaltung zum Hauptthema: Die Grenzwerte der EU-Feinstaub-Richtlinie waren ab 2005 verbindlich geworden. Eckhoff hatte im Ressort einen „Arbeitskreis Luftreinhalteplanung“ installiert, der den Antrag ersinnt und ihn Anfang 2006 einreicht: Im Oktober, sieben Monate nach Eckhoffs Rücktritt, fließen die Gelder. Das Gesamtbudget von Parfum: 2.188.079 Euro. Und: Bereits der damalige Antragstext sieht vor, „innovative technologies for clean vehicles for city logistics“ zu implementieren. Gemeint ist der Umwelt-Ladepunkt mit Kontrolle auf Basis der RFID-Technologie.

Eckhoff kann sich „nicht daran erinnern“, sagt er. Während Strohmann per Sit-in fordert, die Fläche in Familien- oder Behindertenparkplätze umzuwidmen, empfiehlt der Senator a. D. aber weise, „erst mal einen Bericht der Behörde zu verlangen“ und sich gegebenenfalls „mit der EU in Verbindung zu setzen“. Denn das ist klar: In Brüssel hält man wenig davon, wenn Fördergelder zweckentfremdet werden, und verlangt sie dann zurück. Oft Jahrzehnte später. Und im Zweifelsfall komplett.  BES