Nußbaum gegen Stöß

GELD Finanzsenator warnt vor höheren Ausgaben, wie sie SPD-Landeschef fordert

Mit seiner Forderung nach deutlich höheren Investitionen stößt SPD-Landeschef Jan Stöß bei Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) auf Widerstand. Mit Blick auf die Gespräche über den für Berlin äußerst wichtigen Länderfinanzausgleich warnte der Senator davor, vom bisherigen Kurs abzuweichen.

„Die Forderung kann man ja stellen“, sagte Nußbaum zu Stöß’ Ruf nach mehr Geld für die Infrastruktur Berlins. „Aber man muss sich auch die Realität anschauen.“ Aus seiner Sicht bringt es nichts, noch mehr Geld bereitzustellen. „Wir haben eher ein Umsetzungs- als ein Geldproblem“, sagte der Finanzsenator vor Journalisten nach der wöchentlichen Senatssitzung.

Stöß bewirbt sich wie SPD-Fraktionschef Raed Saleh und Stadtentwicklungssenator Michael Müller um die Nachfolge des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit. Der hatte vor zwei Wochen angekündigt, am 11. Dezember zurückzutreten. Nußbaum ließ die Frage offen, ob er allen drei Bewerbern als Finanzsenator zur Verfügung stehe. „Diese persönlichen Dinge werde ich nicht im Rahmen einer Pressekonferenz beantworten“, sagte er. In der SPD wird erwartet, dass Stöß, der wie Saleh und Müller als Regierungschef einen neuen Senat benennen müsste, anders als seine Konkurrenten Nußbaum nicht wieder ins Amt holen würde.

Erste Anwärterin auf seine Nachfolge wäre die jetzige Arbeitssenatorin Dilek Kolat. Diese, eigentlich Haushaltsexpertin, galt schon nach der jüngsten Abgeordnetenhauswahl 2011 als sehr interessiert an dem Posten. Wowereit hielt aber an Nußbaum fest, den er 2009 aus Bremerhaven geholt hatte.

Seine Skepsis gegenüber höheren Ausgaben begründete Nußbaum mit dem binnen sechs Jahren auslaufenden Solidarpakt, der offenen Zukunft des Länderfinanzausgleichs, Zinsschwankungen und unerwarteten Entwicklungen wie aktuell sprunghaft gestiegenen Kosten bei den Asylbewerbern. 2020 wird von gegenwärtig rund einer Milliarde Zuschüsse aus dem Solidarpakt nichts mehr geblieben sein. 2020 ist auch das Jahr, ab dem die Bundesländer keine neuen Schulden mehr machen dürfen, weil die sogenannte Schuldenbremse in Kraft tritt.

Dem stehen zwar höhere Steuereinnahmen gegenüber. Nußbaum spricht sich aber weiterhin dafür aus, im Haushalt einen Puffer zu haben. Als Beispiel führte er die Ausgaben für die unerwartet hohen Flüchtlingszahlen an: „Wenn ein Haushalt auf Naht gestrickt ist, ist er dann unter Wasser. Und das geht nicht in Zeiten der Schuldenbremse.“

Auch die Gespräche über den Länderfinanzausgleich sind für ihn ein Grund, nicht an höhere Investitionen zu denken. In diesen Verhandlungen über jenes System, das wirtschaftliche Ungleichheiten zwischen den Bundesländern ausgleichen soll und aus dem Berlin jährlich über 3 Milliarden Euro bezieht, wäre das für ihn ein falsches Signal. Bayern kritisiert das System seit Langem, hält Berlin seine Ausgaben vor und klagt derzeit mit Hessen am Bundesverfassungsgericht. STEFAN ALBERTI