Beim Geld nur Schulterzucken

Für die Brücke über den Fehmarnbelt und die Y-Bahntrasse durch Nordniedersachsen fehlt das finanzielle Fundament: Beide großen Verkehrsprojekte stehen vor dem Aus, weil die Kassen von Bund, Bahn und EU nicht eben prall gefüllt sind

Mindestens 4,1 Milliarden Euro soll die feste Querung über den 19 Kilometer breiten Fehmarnbelt zwischen den jetzigen Fährhäfen Puttgarden auf Fehmarn und Rødby auf Lolland kosten. Geplant ist eine zweistöckige Brücke mit einer vierspurigen Autobahn auf der oberen Plattform und zwei Bahngleisen auf der unteren. Hinzu kämen weitere rund zwei Milliarden Euro für den Ausbau der Straßen- und Schienenverbindungen nach Lübeck und Kopenhagen. Ein Ersatz für die gut einen Kilometer lange und 43 Jahre alte Fehmarnsund-Brücke zwischen der Ostseeinsel und dem Festland ist in den Kosten nicht enthalten. Der Neubau der Eisenbahnverbindung von Hannover nach Hamburg und Bremen wird seit sieben Jahren geplant. Sie wird Y-Trasse genannt, weil sie sich nördlich von Walsrode gabeln soll: Nach Westen via Verden/Aller in Richtung Bremen und nach Nordosten via Lauenbrück zur bestehenden Strecke Bremen – Hamburg.  SMV

Von Sven-Michael Veit

Zwei der größten Verkehrsprojekte in Norddeutschland stehen auf der Kippe: Der Brückenschlag über den Fehmarnbelt zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark und die Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke von Hannover nach Bremen und Hamburg, die so genannte Y-Trasse. Für beide Projekte (siehe Kasten) gebe es „keine absehbare Finanzierungsmöglichkeit“, berichtet Rainder Steenblock, grüner Verkehrspolitiker im Bundestag. Und dies trotz aktueller Beschlüsse von Bundestag und Bundesverkehrsministerium, die das Gegenteil nahelegen.

Am späten Donnerstagabend hatten die Koalitionsparteien CDU und SPD sowie die FDP im Reichstag zwei ähnlich lautende Anträge der Bündnisgrünen und der Linkspartei abgelehnt, die Planungen für eine feste Querung des Fehmarnbelts zu stoppen. Die Finanzierung für die rund 19 Kilometer lange Brücke zwischen den Inseln Fehmarn und Lolland sei vollkommen ungeklärt, hatten beide Fraktionen ausgeführt, dafür seien „die zu erwartenden ökologischen Konsequenzen erheblich“. Zudem befürchten sie Arbeitsplatzverluste im Fehmarner Tourismus und bei der Reederei Scandlines, welche die Fähren zwischen Puttgarden und Rødby betreibt. Sinnvoller sei deshalb ein „optimiertes Fährkonzept“ auf der so genannten Vogelfluglinie.

Trotz zahlreicher Bedenken stellte sich die Bundestagsmehrheit hinter das Projekt. Die Verkehrspolitiker der Union halten den Bau für einen „wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung der Region“. SPD und FDP teilten zwar einige Zweifel der Kritiker, wollten sich wegen „vieler offener Fragen“ aber auch nicht grundsätzlich gegen das Bauvorhaben stellen. Zunächst sollte das Ergebnis der Verhandlungen zwischen der deutschen und der dänischen Regierung abgewartet werden.

Das aber steht bereits fest, glaubt Steenblock, der das insgesamt fast sechs Milliarden Euro teure Projekt noch aus seiner Zeit als Umweltminister im rot-grünen Kabinett in Schleswig-Holstein bestens kennt. Von Deutschland und der EU werde es „kein Geld geben“, sagt er, und Dänemark allein „kann das nicht aufbringen“.

Ende Februar hatte Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) seinem dänischen Amtskollegen Flemming Hansen klar gemacht, die Querung könne nur gebaut werden, wenn Kopenhagen das wirtschaftliche Risiko übernehme. Ende April oder Anfang Mai ist mit einer Antwort aus Dänemark zu rechnen.

Von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) ist die Äußerung überliefert, er wisse nicht, „wie sich das Projekt rechnen soll“. Als Wirtschaftsminister in Kiel war Steinbrück noch ein Befürworter der Fehmarnbelt-Brücke gewesen. Und Tiefensees Staatssekretär Jörg Hennerkes wird von Mitgliedern des Verkehrsausschusses im schleswig-holsteinischen Landtag mit den Worten „Vergessen Sie es, das Geld kommt nie“ zitiert.

Der jetzige Wirtschafts- und Verkehrsminister Dietrich Austermann (CDU) scheint seine bisherige demonstrative Zuversicht denn auch so langsam zu verlieren. „Ich freue mich über jedes Signal zur Unterstützung des Projekts“, erklärte er gestern auf Anfrage der taz schriftlich. Immerhin habe der Bundestag „die (befürwortende) Position Schleswig-Holsteins gegenüber dem Bundesverkehrsministerium markiert“: Formulierungen, die nicht gerade vor Optimismus sprühen.

Nicht viel besser steht es um die Y-Trasse. Für etwa 1,3 Milliarden Euro soll diese neue Bahnstrecke durch die westliche Lüneburger Heide Zugfahrten von Hamburg und Bremen nach Hannover um etwa 20 Minuten verkürzen. Vor allem aber soll sie den wachsenden Güterverkehr aufgrund des Containerbooms in den Häfen Hamburgs und Bremens sowie des künftigen JadeWeserPorts in Wilhelmshaven bewältigen. Prognosen gehen davon aus, dass die Zahl der durch Niedersachsen rollenden Güterzüge von jetzt etwa 190 pro Tag sich bis 2015 verdoppeln werde. Die Kapazitäten der bestehenden Bahnstrecken wären damit überfordert.

Im November hatte Tiefensee sich für den Bau der Trasse ausgesprochen. In einem aktuellen Investitionsplan der Deutschen Bahn allerdings wird das Projekt nun nur unter den „zurückgestellten Vorhaben“ aufgeführt. Ein Sprecher des Verkehrsministeriums hingegen erklärte gestern, die Strecke werde „sehr wahrscheinlich“ demnächst in den Investitionsrahmenplan des Bundes aufgenommen. Dann könnte noch vor 2010 mit dem Bau begonnen werden – sofern Bahn und Bund das Geld dafür bereitstellen.

Damit aber ist laut Steenblock nicht zu rechnen. „Das Wohlwollen für die Y-Trasse“ sei im Bund „zwar größer geworden“, sagt er. Wer das Verkehrsministerium aber nach „aktueller Finanzierbarkeit“ frage, der ernte „nur ein Schulterzucken“.