Irritierend irrational

Ausgerechnet die französische UFO-Behörde stellt ihre Fotos ins Netz? Aber ja, sonst traut sich ja keiner!

Mal ehrlich: Den Amis wäre so was nie passiert. Und auch sonst hat man eine Homepage wegen zu hohen Nutzerandrangs selten so schamlos um Erbarmen betteln sehen. Doch auf der Seite der französischen Geipan ist seit kurzem sinngemäß zu lesen: Sie sind einfach zu viele. Bitte sehen Sie das doch ein!

Die Geipan ist, wie die typisch französische Abkürzung nicht auf den ersten Blick erschließt, die „Groupe d’études et d’information sur les phénomènes aérospatiaux non identifiés“, eine Forschungsgruppe also, die sich mit UFOs am französischen Nachthimmel befasst. Jüngst stellte sie die hauseigenen UFO-Fotos ins Netz. Ein Fehler, wie sich umgehend herausstellte: Der enorme Nutzeransturm brachte die Hauptseite des nationalen Raumfahrtzentrums zum Erliegen. Was man daraus lernen kann?

Unser Nachbar, den wir eben noch für seine Rationalität, für Voltaire, Rousseau, Sartre, Beauvoir, Foucault, Bourdieu, Baudrillard und Zidane vergötterten, ist wesentlich weniger vernunftgesteuert, als er es sich gemeinhin zugute hält. Die Franzosen interessieren sich tatsächlich für paranormale Phänomene. Also doch!

Zwei Erklärungsversuche. Erstens ist dieses irrationale Interesse nur konsequent: Seit Michel Houellebecq und Catherine Millet wirklich alle Mysterien des männlich-weiblichen Zusammenspiels bis in die letzte Körperfuge ausgeleuchtet haben, sehnt unser Nachbar das Geheimnisvolle dringend zurück. Et voilà, her mit dem UFO am Sternenhimmel!

Zweitens aber zeigt sich im internationalen Vergleich, dass die Franzosen doch wieder einen ihrer Sonderwege gegangen sind. Das Unerklärliche zu prüfen ist nicht gleichbedeutend damit, es zu glauben. Wenn also die Geipan ihre Forschungsergebnisse transparent macht, so steht das in bester französischer Tradition und ist als strahlender Akt der Aufklärung zu werten. Den Amis zumindest wäre so was nie passiert. FRA, JS