Die Boni des Bankers sind antastbar

GELD Seit Anfang des Jahres ist es in der EU schwerer, Bonuszahlungen exorbitant in die Höhe zu treiben. Großbritannien klagte dagegen im Interesse seiner Finanzmanager und bleibt wohl erfolglos

„Niemand sorgt sich um die Lebensbedingungen der Banker“

MATTHEW MOORE, EUROPÄISCHER RAT

LUXEMBURG taz | Eine Anfang des Jahres beschlossene EU-weite Deckelung von Banker-Boni kann wahrscheinlich bestehen bleiben. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) wird eine Klage Großbritanniens gegen die Regelung vermutlich zurückweisen.

Eine Ursache der großen Finanzkrise bestand darin, dass Banken zu viel Risiken eingingen. Triebfeder waren unter anderem Bankmanager, die bei hohen Gewinnen gewaltige Boni erhielten, oft ein Vielfaches ihres Festgehalts.

Dem wollte die EU einen Riegel vorschieben. Seit Anfang 2014 dürfen Banker deshalb nur noch so viel Boni erhalten wie fixes Gehalt. Nur ausnahmsweise sind doppelt so hohe Boni möglich – wenn die Aktionäre zustimmen. Für diese Koppelung stimmten im April vorigen Jahres 608 Abgeordnete des Europaparlaments, nur 33 waren dagegen. Im EU-Ministerrat, dem Gremium der Regierungen, opponierte am Ende nur noch Großbritannien.

Nachdem die Briten politisch gescheitert waren, gingen sie vor Gericht. Am Montag verhandelte der Europäische Gerichtshof in Luxemburg. Hauptargument der Briten: Die EU hat keine Kompetenz, eine europaweite Bonusschranke einzuführen. Beim derzeitigen Stand der Integration dürfe die EU keine Regelungen über die Vergütungen von Beschäftigten beschließen. Das sei nach EU-Verträgen verboten. Auch im Interesse einer „vermeintlich guten Sache“ dürfe es keine Kompetenzüberschreitungen geben, kritisierte der britische Vertreter.

Damit standen die Briten in Luxemburg jedoch ganz allein da. Die Juristen von Ministerrat, EU-Kommission und Europäischem Parlament verteidigten die Bonusschranke. Die solle schließlich lediglich die Tarifautonomie von Gewerkschaften und Arbeitgeber schützen. Die EU könnte also zum Beispiel keinen EU-weiten Mindestlohn einführen. Bei den gedeckelten Bankerboni gehe es dagegen nicht um Sozialpolitik, sondern um die Stabilisierung des Bankensystems. „Niemand sorgt sich um die Lebensbedingungen der Banker“, sagte der Vertreter des Rats, Matthew Moore.

Moore warf den Briten vor, sie nähmen die Risiken immer noch nicht ernst. In einem vernetzten Binnenmarkt gebe es schnell Dominoeffekte. Wenn eine Bank kippt, könnten andere Institute und ganze Volkswirtschaften folgen – deshalb eine europäische Regelung der Boni.

„Es geht nicht um die Höhe der Banker-Vergütung, sondern um die Struktur“, sagte der Vertreter der EU-Kommission. Wenn geringere Boni künftig durch höhere Festgehälter kompensiert werden, sei das durchaus in Ordnung. Ziel sei es nicht, die Manager zu schröpfen, sondern ihre Risikofreude zu zügeln.

Das Urteil wird voraussichtlich im Frühjahr 2015 verkündet. Zuvor wird der unabhängige Generalanwalt Niilo Jääskinen sein Gutachten erstatten, mit dem das Urteil vorbereitet wird.

Die Erfolgsaussichten der britischen Klage scheinen gering. Koen Laenarts, Vizepräsident des Gerichts und federführender Richter des Prozesses, ließ klar erkennen, dass ihn die britischen Argumente nicht überzeugen.

CHRISTIAN RATH