Angespanntes Warten auf Russlands Veto

Falls der Ahtisaari-Plan für das Kosovo im UN-Sicherheitsrat scheitert, entsteht in der Region eine gefährliche Lage

BERLIN taz ■ Erstaunlich ist die Geschlossenheit der wichtigsten Länder in der EU über den künftigen Status des Kosovo. Kurz vor Beginn der Beratungen im UN-Sicherheitsrat über die Zukunft des Kosovo haben die EU-Außenminister ihr Eintreten für den Plan des finnischen UN-Chefunterhändlers Martti Ahtisaari bekräftigt. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte, Deutschland werde an der „europäischen Linie“ festhalten. Und die sei durch den Ahtisaari-Plan vorgegeben, nach dem Kosovo eine begrenzte Souveränität und die Serbengebiete im Kosovo im Gegenzug Möglichkeiten der direkten Kooperation mit Serbien erhalten.

Solche starken Statements waren in dieser Form vor noch wenigen Tagen nicht unbedingt zu erwarten gewesen. Denn mit Griechenland, Zypern, Spanien und der Slowakei sind in der EU auch Länder vertreten, die den Plan ablehnen oder modifizieren wollen. So sympathisiert Griechenland seit Beginn des Jugoslawienkonfliktes traditionell mit der Position Serbiens. Zypern, Spanien und die Slowakei wollen aus Eigeninteresse keinen Präzedenzfall schaffen. So fürchtet Zypern die Lostrennung des türkischen Teils der Insel, die Slowakei diesbezügliche Forderungen der ungarischen Minderheit. Und in Spanien wurden viele hellhörig, seit Delegationen der katalanischen und baskischen Nationalisten die von Serbien abtrünnige Republik Montenegro besuchten.

Nicht mehr grundsätzliche, sondern praktisch konkrete Probleme traten bei dem Treffen in Bremen schon in den Vordergrund. Wenn die EU, wie im Ahtisaari-Plan vorgesehen, im Sommer die UN-Mission im Kosovo ablöst, werden hohe Kosten – man spricht über 1,5 Milliarden Euro – auf die EU zukommen. Man wolle dem Land eine Perspektive geben, helfen beim Aufbau der Institutionen und der Wirtschaft, erklärte Steinmeier.

Die EU kann sich in der Tat keinen weißen Fleck auf der europäischen Landkarte leisten. Deshalb werden etwas unbemerkt von der Öffentlichkeit von den EU-Institutionen Versprechungen gegenüber allen Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien und gegenüber Albanien gemacht: Verhaltet ihr euch nach unserem Willen, baut ihr demokratische Institutionen auf und übernehmt ihr unser Rechtssystem, könnt ihr nach einem bestimmten Zeitraum die EU-Mitgliedschaft erwerben. Europa gibt nicht nur dem Kosovo, sondern Bosnien und Herzegowina, Albanien, Montenegro, Mazedonien und natürlich Kroatien eine konkrete Perspektive. Die könnte Serbien auch haben – doch das Nein zum Ahtisaari-Plan könnte das Land noch teuer zu stehen kommen.

Noch ist über den Plan im UN-Sicherheitsrat nicht entschieden worden. Russland hat nach dem Nein Belgrads ein Veto in diesem Gremium angekündigt. Bliebe es dabei, würde eine gefährliche Lage geschaffen. Denn das Parlament in Priština wird dann einseitig die Unabhängigkeit ausrufen. Die Serben im Kosovo dürften dann ihrerseits mit einer Deklaration der Unabhängigkeit vom Kosovo antworten.

In den nächsten Tagen wird sich zeigen, ob die EU im Verein mit den USA genug Druck auf Russland ausüben kann, doch kein Veto einzulegen. Sollte es ihr nicht gelingen, müsste man im besten Fall erneut verhandeln, im schlimmsten aber Truppen einsetzen. Sicher ist, dass Russlands Position die UN insgesamt in die Krise stürzen würde.ERICH RATHFELDER