Beim Ablesen droht Abzocke

In einem internen Papier wirbt die Firma Ista mit traumhaften Renditen. Hintergrund ist die Marktmacht weniger, großer Firmen. Mieterbund beklagt mangelnde Transparenz

BERLIN taz ■ Die Deutschen zahlen offenbar überhöhte Preise für ihre Verbrauchsablesung bei Heizung und Wasser. Zumindest legt dies ein internes Papier des Unternehmens Ista nahe, das gestern über die Financial Times Deutschland in die Öffentlichkeit kam. Darin wirbt die Firma bei Investoren damit, dass sich der deutsche Markt „in eine oligopolistische Struktur entwickelt“. Im Klartext: Wenige Große teilen sich den Markt untereinander auf und können entsprechend großzügig kalkulieren. In dem Schreiben ist von über 40 Prozent Gewinnmarge die Rede. Ista wollte dazu auf Anfrage der taz keine Stellung nehmen.

Auf dem deutschen Wohnungsmarkt übernehmen zwar insgesamt gut 100 Unternehmen die Ablesung des Gas-, Öl- und Wasserverbrauchs. Allerdings sind sechs große Unternehmen für 15 Millionen Wohnungen in Deutschland zuständig, weit über ein Drittel des Markts. Dass das Geschäft mit den Heizungsröhrchen lukrativ ist, haben auch internationale Finanzinvestoren bemerkt. So tobte in den vergangenen Wochen eine Übernahmeschlacht um die Eschborner Techem. Auch Ista wurde kürzlich für 2,4 Milliarden Euro von einem Finanzfonds an einen anderen verkauft.

„Die Kosten für die Ablesung sind bislang eine völlig vergessene Größe“, räumt Stefan Bentrop ein. Er ist der zuständige Referent beim Bundesverbraucherverband. Zwar seien diese im Vergleich zu den Brennstoffkosten gering. Dennoch sei es ärgerlich, wenn der sparsamer Energieverbrauch durch hohe Ablesegebühren konterkariert werde.

Auch der Deutsche Mieterbund zeigte sich mit Blick auf die Preisgestaltung der Unternehmen skeptisch. Das Abrechnungssystem sei für den Mieter häufig völlig intransparent, sagt Sprecher Ulrich Ropertz. Immer öfter werde auf das Ableseprotokoll verzichtet, da die Unternehmen digitale Ablesegeräte mit Speicherchips verwenden oder durch Fernabfragen gar nicht mehr in die Wohnung kämen.

Der Mieter sei daher häufig in der unterlegenen Rolle. Er bezahlt zwar die Gebühren. Die Auswahl der Ablesefirma trifft aber der Vermieter. Den Mietern bleibe nur die Möglichkeit, den Hausbesitzer dazu zu drängen, andere Angebote einzuholen. Denn für den gelte die rechtliche Pflicht, sich „wirtschaftlich vernünftig“ zu verhalten.

STEPHAN KOSCH