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: Im Keller ist es feucht

Was die Rückrundentabelle der Fußball-Bundesliga aussagt und warum Hertha BSC Berlin nicht gern von ihr spricht

Seit Erfindung der Winterpause hat die Bundesliga zwei Halbzeiten: die Hinrunde und die Rückrunde. Weil sich die Spielzeit also wunderbar durch zwei teilen lässt, gibt das statistische Bundesamt für höhere Fußballkunst eine Tabelle für die Hinrunde und die Rückrunde heraus. Uns soll heute die Rückrundentabelle interessieren. Es handelt sich hierbei um ein akribisch erstelltes Zahlenwerk, das Überraschungen sonder Zahl bereithält. Zunächst sei festzuhalten, dass die Rückrunde eine Karikatur der Hinrunde ist. Wer im Jahr 2006 noch halbwegs gegen den Ball zu treten imstande war, der versagt 2007 auf ganzer Linie. Wer vor Silvester nicht wusste, wie er zu Punkten kommt, der scheffelt nun die Zähler, dass es eine Art hat.

Champion der Rückrunde ist ein kleiner Verein aus Rheinhessen. Kloppo heißt der Trainer der duften Truppe, die 19 Punkte in der Rückrunde eingeheimst hat. Der Fußball- und Sportverein Mainz 05 hat sie alle hinter sich gelassen; sogar eine Niederlage am Wochenende haben die Mainzer sich leisten können. Der 1. FC Nürnberg bleibt mit 18 Punkten auf Nahdistanz, erst dann folgt ein Titelaspirant – mit dem VfB Stuttgart auf Rang drei (17 Punkte). Stand dieser Tabellenbesprechung ist Sonntagnachmittag; es könnten sich nach Redaktionsschluss der Leibesübungen noch Änderungen ergeben haben – durch den HSV etwa; wir bitten dies zu entschuldigen. Der HSV könnte sich durch einen Sieg gegen Wolfsburg sogar an Mainz vorbeigeschoben haben – wegen der besseren Tordifferenz. Aber wie auch immer: Die Gebeutelten und Geknechteten, das Prekariat der Hinrunde, schwingt sich nun auf, die Großbourgeoisie alt aussehen zu lassen, womit wir auch schon einen Blick in den Tabellenkeller werfen.

Muffig und feucht ist es da unten, Schimmel kriecht an den Wänden empor, und ein Entrinnen scheint unmöglich. Die Großambitionäre von Hertha haben sich in diese unschöne Lage manövriert, mit zuletzt vier Niederlagen in Serie. Sie sind in bester Gesellschaft, denn ein Verein von ähnlichem Kaliber, Borussia Dortmund, leistet den Berlinern Gesellschaft. Sieben Punkte haben beide Klubs in zehn Spielen geholt, macht einen Schnitt von 0,7 Punkten pro Partie. Während der Absturz der Borussia von lautstarkem Gepolter begleitet wurde, ist Hertha BSC fast geräuschlos hinabgestiegen in den Tabellenkeller. „Wir haben die erste Halbzeit komplett verschlafen“, sagt der Trainer der Berliner. „Im Moment brauchen wir nicht vom Uefa-Cup reden. Wir müssen erst einmal ein Spiel gewinnen“, sagt der Manager. Das sind Aussagen, die den Ernst der Lage kaschieren. Beide könnten auch sagen: Was interessiert uns die Rückrundentabelle! Dabei ist so eine Rückrundentabelle auch nur eine Hinrundentabelle, irgendwie. MARKUS VÖLKER