SOMALIA IST MILITÄRISCH NICHT ZU STABILISIEREN
: Ende einer minimalen Friedenschance

Schon als die Äthiopier Ende Dezember in Somalia einmarschierten, waren die Chancen für einen dauerhaften Frieden minimal. Seit Diktator Siad Barre vor 16 Jahren aus der Stadt gejagt wurde, kämpften in Mogadischu Warlords gegen Warlords, Clans gegen Clans, Subclans gegen Subclans. Nur ein gemeinsamer Feind – so wie Anfang der 90er-Jahre die USA – einte die zerstrittenen Kräfte kurzzeitig, den Aggressoren wurde stets eine fulminante Niederlage bereitet. Danach kämpfte man untereinander weiter.

Und als die Äthiopier im Auftrag des globalen „Antiterrorkampfs“ in Somalia einmarschierten und mit der „Union islamischer Gerichtshöfe“ die erste stabilisierende Kraft seit 1991 vertrieben, sah es ganz ähnlich aus. Die an der Seite Äthiopiens einmarschierte Übergangsregierung, die 14. seit 1991, präsentierte sich auf dem Silbertablett als neue Zielscheibe.

Und trotzdem hätte es gelingen können, einen neuen Bürgerkrieg zu verhindern. Ein halbes Jahr Stabilität unter den Islamisten hatte vielen Somalis Appetit gemacht auf mehr, auf ein Leben in Frieden. Wer dafür Schariarecht akzeptiert, der hätte vielleicht auch einen Herrscher von Äthiopiens Gnaden akzeptiert. Erst die Kämpfe der letzten Tage haben jede noch so geringe Möglichkeit von Verständigung zerstört. Moderate Kräfte gibt es nicht mehr, nachdem hunderte Zivilisten getötet und zehntausende vertrieben worden sind. Beide Seiten sind so unbeweglich wie nie zuvor: die einen im Kampf gegen den Terror, die anderen im Kampf gegen die ungläubigen Invasoren.

Dass US-Botschafter Ranneberger gerade jetzt von der „besten Chance für einen dauerhaften Frieden“ spricht, lässt tief blicken. Die von den USA angeführte Antiterrorallianz will am Horn von Afrika das schaffen, was sie im Irak nicht geschafft hat: einen Sieg mit militärischen Mitteln. Den hat in Somalia seit Barres Flucht niemand mehr errungen, und auch jetzt deutet nichts auf einen klaren Sieger hin. Verlierer sind die Somalis, die sich vermutlich auf noch ein paar mehr Kriegsjahre einstellen müssen. MARC ENGELHARDT