Gutes Ambiente, aber nur wenig Konsens

Das EU-Außenministertreffen in Bremen endet mit einem Text zur Freilassung der 15 britischen Soldaten in Iran. Beim Umgang mit der Regierung in Ramallah, bei der Kosovo-Frage oder dem US-Raketenschild bleibt die Runde gespalten

Die neue Regierung in Ramallah erhält keinen Zugriff auf EU- Mittel

BREMEN taz ■ Der Rahmen, so sagte der sichtlich zufriedene Gastgeber Frank-Walter Steinmeier am Ende, sei perfekt gewesen: Das Flair der Hansestadt Bremen, Frühlingswetter und entspannte Atmosphäre. Am Ambiente kann es also nicht gelegen haben, dass die EU-Außenminister nach knapp zwei Tagen intensiver Beratungen wenig Konkretes vorzuweisen hatten. Sie einigten sich nur auf einen Text, in dem „die sofortige und bedingungslose Freilassung“ der fünfzehn britischen Marinesoldaten, die im Iran festgehalten werden, gefordert wird.

Bei den anderen großen Themen des Treffens, der Zukunft des Kosovo, der Haltung zur neuen Regierung in Palästina und dem auf polnischem Territorium geplanten Raketenabwehrschild der Amerikaner, war die Runde gespalten. So fürchten einige Länder, die innenpolitisch mit Abspaltungswünschen von Minderheiten zu kämpfen haben, ein unabhängiges Kosovo könnte zu einem Präzedenzfall für die Unabhängigkeitsbewegungen im eigenen Land werden. Deshalb wollten weder Spanien noch die Slowakei den von UNO-Sondervermittler Martti Ahtisaari vorgelegten Plan unterstützten, der die Provinz von Serbien abtrennen und unter internationale Kontrolle stellen will.

Noch vergangene Woche hatte Erweiterungskommissar Olli Rehn im EU-Parlament in Brüssel deutlich gemacht, dass er den Ahtisaari-Plan gutheißt. Die EU müsse sich eindeutig hinter diesen Plan stellen, um seine Chancen im Sicherheitsrat zu erhöhen. Das EU-Parlament hatte sich ihm mit großer Mehrheit angeschlossen. Beim Außenministertreffen in Bremen appellierte Rehn an die „europäischen Mitglieder im Sicherheitsrat, auf eine haltbare Lösung hinzuarbeiten“. Das zielte direkt auf die Slowakei, die derzeit einen Sitz in dem Gremium innehat.

Auch bei der Frage, ob die neue palästinensische Regierung der nationalen Einheit wieder Direktzahlungen aus der EU erhalten soll, fanden die Außenminister zu keiner einheitlichen Position. Javier Solana, der außenpolitische Vertreter der EU, hatte vergangenen Donnerstag im EU-Parlament um Vertrauen für die neue Regierung in Ramallah geworben. Sowohl der neue Finanzminister als auch der Außenminister seien „alte Freunde“ von ihm, die der Europäischen Union sehr positiv gegenüberstünden. Bundesaußenminister Steinmeier sagte demgegenüber in Bremen: „Der temporäre Mechanismus bleibt, bis wir die neue Regierung und die Möglichkeiten des neuen Finanzministers besser kennen.“ Das bedeutet, dass die Finanzhilfen auch künftig mit einem komplizierten Verfahren direkt an Schulen und an Krankenhäuser ausbezahlt werden. Die neue Regierung erhält keinen Zugriff auf die Mittel.

Über den von vielen EU-Regierungen scharf kritisierten Plan der USA, ein Raketenabwehrsystem in Polen und in Tschechien zu installieren, wurde in Bremen zwar gesprochen. Doch die Uneinigkeit war so groß, dass die Minister den Schwarzen Peter sofort an die Nato weiterreichten. Solana hatte zuvor gemahnt, man solle das Thema nicht dem atlantischen Militärbündnis allein überlassen. Auch die Europäische Union, die schließlich unmittelbar betroffen sei, müsse dazu Stellung beziehen.

Aus US-amerikanischer Perspektive sei Europa gerade dabei, sich völlig von der Weltbühne zu verabschieden, erklärte der deutsche Exaußenminister Joschka Fischer am Wochenende in einem Interview. Der Politiker, der lange Zeit als künftiger EU-Außenminister im Gespräch war, lehrt derzeit an der Universität Princeton.

US-amerikanische Politiker betrachteten China und Indien als die aufsteigenden Supermächte. „Diese Entwicklung beschleunigt sich. Wenn man mit der politischen Elite in den USA spricht, wird klar: Je schwächer Europa sich zeigt, desto weniger Aufmerksamkeit kann es beanspruchen.“

DANIELA WEINGÄRTNER