Die letzte Schranke fällt

 Arbeitnehmerfreizügigkeit: Mit dem 1. Mai fallen die letzten Schranken zwischen Deutschland und den ost- und südosteuropäischen Staaten, die 2004 Mitglied der EU geworden sind. Ab Sonntag dürfen Bürger von Polen, Ungarn, Tschechien, der Slowakei, Estlands, Lettlands, Litauens und Sloweniens ohne Einschränkungen Jobs und Ausbildungsplätze in Deutschland annehmen. Das war bisher eingeschränkt: Obwohl diese Staaten am 1. Mai 2004 der EU beitraten, hielt Deutschland die Grenzen für Arbeitskräfte aus diesen Ländern weiterhin dicht. Sie durften nur mit einer Arbeitsgenehmigung und nach einer Vorrangprüfung für Deutsche einen Job antreten. Besondere Regelungen galten bisher für Selbständige, Werkvertragsnehmer, Saisonarbeiter und Pflegekräfte. Nur Rumänen und Bulgaren müssen noch bis spätestens 2014 warten, ihre Länder traten der EU erst 2007 bei. Für Zypern und Malta, die ebenfalls 2004 in die EU aufgenommen wurden, galten diese Einschränkungen übrigens nicht.

 Wie viele kommen? Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung geht von jährlich 140.000 Zuwanderern aus. Das Institut der deutschen Wirtschaft rechnet für 2011 und 2012 mit 800.000, danach mit deutlich weniger.

 Wer kommt? Man erwartet vor allem junge, gut qualifizierte Fachkräfte. Viele wollen auch nur vorübergehend Geld verdienen. In Polen bekommen Arbeiter im Durchschnitt weniger als die Hälfte des deutschen Lohns.

 Gib es Risiken? Lohndrückerei ist möglich, wenn die neuen Arbeitskräfte bereit sind, für weniger Geld zu arbeiten, und auch keine Tariflöhne gelten. Außerdem gelten in Deutschland nur für neun Branchen Mindestlöhne. Die Gewerkschaften fordern daher weitere Mindestlöhne. Sie und auch Teile der Arbeitgeber fürchten, dass bestehende Mindestlöhne nicht eingehalten werden, da es kaum Kontrollen gibt. Unternehmen, die mehr als den Mindestlohn zahlen, könnten daher durch Billigkonkurrenz gefährdet sein.

 Gibt es Chancen? Arbeitsmarktforscher betonen die positiven Effekte: Weil die deutsche Gesellschaft altert, braucht sie junge Fachkräfte. In Großbritannien, das seinen Arbeitsmarkt im Mai 2004 öffnete, hat die Zuwanderung zu einer Steigerung des Bruttosozialprodukts geführt. Das Nachsehen werden vor allem alteingesessene Migranten haben: Sie konkurrieren bei Qualifikation und bei den Lebensumständen direkt mit den neuen Zuwanderern. (voe)