Röwekämp lässt Testballon steigen

Während die SPD mit trockenen Sinnsprüche langweilt, präsentiert sich der CDU-Kandidat fröhlich und siegessicher

Hundert orangefarbene Luftballons ließ Bremens CDU-Spitzenkandidat und Innensenator Thomas Röwekamp gestern gen Himmel steigen – mit einem „Café Röwekämp“ am Schüsselkorb will er sich in der Bremer Einkaufszone populär präsentieren. Täglich wolle er mal eine halbe, mal eine ganze Stunde da präsent sein, je nachdem wie der Terminkalender es zulasse. Ansonsten gibt es in dem Café eine freundliche Bedienung, drei Computer mit kostenlosem Internet-Zugang und jede Menge Wahlkampf-Material. Bis zur Wahl hat die CDU das leer stehende Ladenlokal angemietet, die Kaffee-Firma Westhoff sponsert den Café, im Sommer will eine Bank hier einziehen.

Das Café passt in die extrem populäre Wahlkampfstrategie der CDU, großflächig präsentiert Röwekamp sich als Kinderfreund auf dem Holzelefanten, das traditionelle Sicherheits-Profil kommt hoch emotionalisiert und freundlich über den Kinderspielplatz: „Kleine Bürger brauchen große Sicherheit.“

Dagegen wirkt der SPD-Wahlkampf geradezu altbacken. „Wir blicken nicht sorglos, aber zuversichtlich nach vorn“, lässt Bürgermeister Jens Böhrnsen plakatieren. Die Schrift ist so klein gewählt, dass vorbeifahrende Autofahrer die Weisheit nicht lesen können. Fußgänger können staunend stehen bleiben und die Frage aufwerfen: Was will der Mann von uns?

Bisher traut sich die SPD offenkundig nicht, irgendein kontroverses Sachthema im Wahlkampf plakativ aufzugreifen – das könnte abgeklopft werden auf die entscheidende Frage, ob Jens Böhrnsen die große Koalition fortsetzen will oder nicht. „Neues und Bewährtes gehören zusammen“, steht da. Alles klar?

Weil die Wahlkampfstrategie die Frage meidet, ob sie die bisherige Politik mit der CDU fortsetzen oder eine neue Politik mit neuem Koalitionspartner machen will, muss sie konkrete Bremer Themen meiden, an denen sich die Geister scheiden könnten. Als große Überraschung auf den großen Plakaten bleibt da für die nächsten Tage, dass der Kopf des Spitzenkandidaten zu den Sprüchen hinzukommt. Aber eher verlegen dreinschauend, wie es Böhrnsens Art ist – dagegen strahlt Röwekamp große Fröhlichkeit aus. Um die ernsten Problemen des Bundeslandes geht es keinem von beiden.

So scheinen die psychologischen Rollen vertauscht: Der fröhliche Henning Scherf konnte vor vier Jahren für die SPD 42,3 Prozent holen, die CDU fiel mit dem trockenen Hartmut Perschau auf 29,8 Prozent zurück. Wenn die SPD mit dem „Scherf-Faktor“ sechs Prozent verlieren und die CDU mit dem Röwekamp-Faktor sechs Prozent gewinnen würde, lägen beide gleichauf.

Röwekamp hat schon einmal die Kompetenzen für Kinder und Jugendliche, die er mit dem Bildungsressort zusammenlegen will – für die CDU reklamiert. Dass das große Ressort für Arbeit, Gesundheit und Soziales aufgeteilt werden sollte, leuchtet auch SozialdemokratInnen ein. Dafür müsse er nicht unbedingt das Innen- oder Wirtschaftsressort abgeben, meinte Röwekamp: Früher, bis 2003, sei die CDU mit vier Senatoren im Senat ja auch genauso stark gewesen wie die SPD. Klaus Wolschner