Energiekonzern Eon in Spanien ausgetrickst

Der deutsche Energieriese will den spanischen Energieversorger Endesa kaufen – doch die Übernahme droht am Widerstand der Großaktionäre zu scheitern. Heute läuft die Frist für Eons Milliardengebot ab

MADRID taz ■ Der Übernahmekampf um den spanischen Energieversorger Endesa ist in der entscheidenden Phase: Heute läuft die Frist ab, bis zu der sich die Aktionäre – darunter zahlreiche internationale Investmentfonds – entscheiden müssen, ob sie an Eon verkaufen wollen. Zuletzt bot der deutsche Energiekonzern 42,3 Milliarden Euro für für die vollständige Übernahme von Endesa – das sind 40 Euro pro Aktie. Am Dienstag nach Ostern wird die spanische Börsenaufsicht mitteilen, wie viele Aktionäre die Offerte des deutschen Konzerns akzeptiert haben.

Die Chancen für eine Übernahme stehen jedoch schlecht. Bereits im Februar 2006 war Eon mit seinem Anfangsgebot von 29,1 Milliarden Euro auf starken Widerstand der spanischen Regierung gestoßen. So wollte die spanische Regierung den Deutschen im Falle eines Kaufs verbieten, Endesa in den kommenden fünf Jahren voll in den eigenen Konzern einzugliedern und Beteiligungen an andere ausländischen Firmen zu verkaufen. Entscheidend für Eons Übernahmeversuch dürfte jedoch der Widerstand anderer Unternehmen sein, die still und heimlich zu Endesa-Großaktionären geworden sind: Der italienische Energieversorger Enel und der spanische Baukonzern Acciona haben sich in den letzten Monaten bei Endesa eingekauft. Gegen ihren Widerstand dürfte Eon nicht zum Zuge kommen: Enel hält mittlerweile 24,9 Prozent am spanischen Energieversorger, Accionas Anteil ist auf 21 Prozent gestiegen. Acciona hat auch den Antrag gestellt, auf 24,9 Prozent aufstocken zu dürfen.

Doch selbst wenn Eon mit seinem jetzigen Angebot nicht die Mehrheit von Endesa erwerben sollte, könnte der Konzern den Übernahmeversuch als erfolgreich erklären – aus taktischem Kalkül. Denn als Hauptaktionär könnte Eon dann weitere Anteile dazukaufen. Gleichzeitig wären Enel und Acciona blockiert, da sie als Minderheitsaktionäre nicht mehr als 24,9 Prozent besitzen dürfen. Endesa droht dann jedoch unregierbar zu werden, weil weder Eon noch seine Gegenspieler das Sagen hätten: Laut Unternehmensstatut darf kein Aktionär mehr als 10 Prozent der Stimmrechte besitzen, auch wenn er mehr Anteile hält. Anders sieht es aus, wenn Eon seinen Übernahmeversuch in der nächsten Woche als gescheitert erklären sollte. Dann sind Enel und Acciona am Zug: Für diesen Fall kündigten die beiden Firmen bereits ein gemeinsames eigenes Übernahmegebot für Endesa im Herbst an.

Nach Meldungen von gestern Abend könnte dies nicht nötig sein: Eon habe sich mit seinen Rivalen geeinigt, meldete die spanische Nachrichtenagentur EFE. Die Einigung könnte darauf hinauslaufen, dass Eon seine Offerte für Endesa zurückziehe, hieß es. Außerdem legte der Präsident der spanischen Börsenaufsicht, Manuel Conthe, gestern wegen des Übernahmekampfs sein Amt nieder. Conthe war dafür eingetreten, dass die Behörde Eons Übernahmeofferte einen stärkeren Schutz gewährt. Er wurde jedoch von den anderen Direktoren überstimmt.REINER WANDLER