: Messe in giftgrün
MUSIKMESSE Trotz kriselnder Musikindustrie wächst die „jazzahead!“ unaufhaltsam – und geht immer weiter in die Stadt hinein. Dieses Jahr mit Augenmerk auf der Türkei
Am Samstag um 14 Uhr beginnt in Halle 3 und Borgward-Saal der Messe Bremen das Showcase-Programm. Zwischen 14 und 18 Uhr spielen dort zehn europäische Jazz-Acts.
■ Die „Turkish Jazz Night“ mit dem Ayse Tütüncu Quartet, dem Erkan Ogur & Derya Türkan Duo, dem Korhan Futaci Kara Orkestra und Baba Zula beginnt am Samstag um 20 Uhr im Schlachthof.
■ Am Sonntag ist im Kino 46 ab 15 Uhr der Film „Salami Aleikum“ zu sehen. Um 18 Uhr tritt dort Ali N. Askin mit seiner Band auf.
■ Ab 20 Uhr ist im Schlachthof der Rapper Ceza zu sehen.
von Andreas Schnell
Wenn Sie heute und morgen in der Stadt ein erhöhtes Aufkommen von Menschen mit giftgrünen Umhängebeuteln feststellen sollten, dann hat das mit der „jazzahead!“ zu tun, die noch bis Sonntagabend in Bremen stattfindet.
Die mittlerweile sechste Ausgabe der weltweit wohl einzigen Jazz-Messe ist zugleich die größte bislang. 357 Aussteller sind es dieses Jahr, die sich auf der entsprechend erweiterten Ausstellungsfläche präsentieren, fleißig netzwerkeln, neue Stimmen des Jazz hören – und häufig giftgrüne Tragebeutel über der Schulter hängen haben. Bei der ersten Jazzahead waren es gerade mal 80. Neu außerdem: Die „Club Night“, die gestern Abend auf einem guten Dutzend Bühnen in Bremen und umzu ein vielseitiges Programm bot, das von jamaikanischen Offbeats mit der Rotterdam Ska Jazz Foundation im Tower bis zu einem Nazim-Hikmet-Liederabend mit Defne Sahin im Haus im Park reichte.
Bei der offiziellen Messe-Eröffnung am Freitagmorgen berichtete Messechef Hans Peter Schneider dann auch nicht ohne Stolz von dem Wachstum der Messe, nachdem Bürgerschaftspräsident Christian Weber etwas vollmundig und auch ein Stückweit unhöflich davon sprach, man möge in Zukunft nicht mehr von Berlin oder Montreux sprechen, sondern von Bremen, wenn es um Jazz geht. Unhöflich deswegen, weil der diesjährige Empfänger des 6. jazzahead-Skoda-Awards, Claude Nobs, seines Zeichens Leiter des berühmten Jazz-Festivals in Montreux nur wenige Meter saß und sich seinen Teil gedacht haben mag.
Sollte er sich geärgert haben, war ihm das bei der anschließenden Preisverleihung zumindest nicht anzumerken. Charmant plauderte er aus einem langen, ereignisreichen Veranstalterleben und erwies sich als unerschöpflicher Geschichtenerzähler, nicht übrigens, ohne dabei noch gleich ein wenig Werbung für sein Festival zu machen.
Nachdem schon am Donnerstagabend die Dinge bei der „Overseas Night“ im Schlachthof ihren musikalischen Lauf nahmen, begann am Freitagnachmittag dann die Reihe der so genannten Showcases. So nennt man Auftritte, die keine Konzertlänge haben, sondern Musikern in eher knapper Zeit Gelegenheit geben, sich dem Fachpublikum zu präsentieren. Eine halbe Stunde muss den Künstlern genügen, für die Messebesucher ist es dann sogar noch weniger, wenn sie denn wirklich alle Auftritte sehen wollen, denn die überschneiden sich.
Etwas entspannter geht es dann im Abendprogramm zu, für das Fachpublikum Gelegenheit zum geselligen Austausch, für das Bremer Publikum die Chance, Bands zu sehen, die sonst höchst selten, wenn überhaupt, den Weg an die Weser finden. Der Auftritt der türkischen Pop-Ikone Sezen Aksu gestern Abend in der Glocke ist da nur das prominenteste Beispiel. Dass die Jazzahead in diesem Jahr zum ersten Mal ein Partnerland eingeladen hat, führt heute und morgen Abend noch einige andere Musiker aus der Türkei nach Bremen. Bei der „Turkish Night“ am Samstagabend treten unter anderem Baba Zula auf, die immerhin schon zweimal in Bremen auftraten, am Sonntag beschließt der türkische Hochgeschwindigkeitsrapper Ceza das Programm der Jazzmesse.
Zu dem gehören keineswegs nur Konzerte: Kinder und Jugendliche sind am Sonntag ab 10.30 Uhr in den Schlachthof eingeladen, sich bei Auftritten und Workshops nicht nur passiv mit dem Thema „Percussions“ auseinander zu setzen, und in Zusammenarbeit mit der neuen Reha-Klinik am Sendesaal findet ebendort zum dritten Mal im Rahmen der Jezzeahead ein wissenschaftliches Symposium statt, dieses Jahr unter dem Titel „Der Ton macht die Musik“. Dabei geht es um die Bedeutung von Musik für therapeutische Prozesse, Vorträge und Workshops vermitteln zwischen Theorie und Praxis.