Jetzt nicht neidisch werden

Kritik an Werbung für SPD-Votum über Wowereit-Nachfolge

VON STEFAN ALBERTI

Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Das gilt auch bei der Suche nach einem Wowereit-Nachfolger. Denn anders als von Grünen und anderen nahegelegt, ist es völlig rechtens, dass de facto nur 17.000 SPDler über den neuen Regierenden entscheiden können. Im Gesetz steht nichts von einer allgemeinen Direktwahl. Ausdrücklich aber ist im Grundgesetz nachzulesen: „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.“ Das muss man nicht mögen. Aber es ist die Rechtslage: Politische Gruppen nominieren Kandidaten, und einer davon wird im Parlament Regierungschef.

„Nur“ 17.000 SPDler?

Und was heißt: „nur die 17.000 SPDler“? Üblicherweise wird im ganz kleinen Kreis nominiert. Bereits jene Elite von einigen hundert Parteitagsdelegierten – bei der SPD rund 220 – ist in der Regel nicht mehr als ein Akklamationsgremium. Insofern ist das, was in den nächsten Wochen passiert, sehr beeindruckend. Allein die Basis hat es in der Hand, ob die SPD Saleh, Stöß oder Müller zur Wahl im Abgeordnetenhaus vorschlägt. Rein zahlenmäßig wird die demokratische Verankerung des Regierungschefs so verachtzigfacht.

Deshalb ist auch nicht nachvollziehbar, wieso Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop es „ungeheuerlich“ findet, dass die SPD dazu einlädt, diese Basis durch einen Parteieintritt noch zu vergrößern. Natürlich hat das für die SPD den netten Nebeneffekt zusätzlicher Mitgliedsbeiträge. Aber soll der Neid darauf die Einsicht versperren, dass sich so neues Interesse an Politik wecken lässt? Das wäre wirklich ungeheuerlich.