Warnung vor dem Fluten

Heute wird am Bergwerk Asse die „Remlinger Erklärung“ vorgestellt: Darin fordern Atomgegner, dass das Endlager Asse II nach einem atomrechtlichen Verfahren geschlossen wird – das bedeutet mehr Einfluss für die Anwohner

40 Jahre nach dem Beginn der Einlagerung von Atommüll in das Salzbergwerk Asse II bei Remlingen im niedersächsischen Kreis Wolfenbüttel haben Umweltschützer und Anwohner vor der beabsichtigten Flutung des Endlagers gewarnt. Das Vorhaben nehme die Verseuchung des Grundwassers durch austretende Radinuklide auf Jahre „bewusst in Kauf“, heißt es in einer von zahlreichen Initiativen unterschriebenen „Remlinger Erklärung“. Der Text soll heute bei einer Aktion am Bergwerk Asse Journalisten vorgestellt werden.

Bei einer Flutung des Lagers mit einer salzhaltigen Lösung könnten gefährliche Gase und Flüssigkeiten entstehen sowie radioaktive Stoffe bis in die Biosphäre gelangen, warnt der Chemiker Rolf Bertram. Zudem werde so „erstmalig in der Welt ein nicht-rückholbares Endlager geschaffen“. Eine Bergung oder eine Kontrolle des Atommülls in der Asse sei damit für alle Zeiten ausgeschlossen. Bertram sagte, ihm falle es schwer, angesichts der beabsichtigten Flutung des Grubengebäudes „die Fassung zu bewahren“.

Die Atomgegner fordern, dass „in einem öffentlich nachvollziehbaren Prozess“ Konzepte für eine Stilllegung des Endlagers entwickelt werden, die eine Rückholung des Atommülls möglich machen. Zuerst müsse das Bergwerk aber stabilisiert werden. Zudem solle die Stilllegung des Endlagers Asse II nach dem Atomrecht erfolgen. Bislang will der Betreiber GSF das Bergwerk aber nach dem Bergrecht schließen – von einem solchen Verfahren wäre die Öffentlichkeit praktisch ausgeschlossen. Dagegen sieht das Atomrecht Mitsprachemöglichkeiten für die Bevölkerung vor.

Auch Irmela Wrede aus der Nachbargemeinde Mönchevahlberg drängt auf ein atomrechtliches Verfahren. Asse II, sagt sie, sei nie als Endlager für Atommüll genehmigt worden. Wrede hat jetzt dem Land Niedersachsen in einem anwaltlichen Schreiben eine zweiwöchige Frist gesetzt, um ein Verfahren nach Atomrecht in Gang zu setzen. Andernfalls will sie beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg klagen. Der kürzlich gegründete Asse II-Rechtshilfefond, teilte dessen Sprecher mit, würde eine Klage unterstützen.

In dem stillgelegten Salzbergwerk gibt es nach offiziellen Angaben nur ein so genanntes „Versuchsendlager“. In den 1960er und 1970er Jahren ließ der Bund dort 125.000 Fässer mit schwach- und 1.300 Fässer mit mittelradioaktivem Atommüll einlagern. Teilweise wurden die Gebinde einfach per „Versturztechnik“ in tiefer liegende Kammern gestürzt. Seit 1988 dringen täglich mehrere Kubikmeter Wasser aus unbekannter Quelle in den Schacht ein.

Wegen der Zuflüsse warnen mittlerweile auch SPD und Grüne vor einer Katastrophe in der Asse. Das Lager sei „eine tickende Zeitbombe für die Menschen in der Region“ und ein „Sicherheitsrisiko ersten Grades“, sagt etwa der SPD-Landtagsabgeordnete Klaus-Peter Dehde. Die Grünen-Bundestagsfraktion nennt die Zustände im Endlager „beängstigend“. Die benachbarten Schächte Asse I und III waren wegen eindringenden Wassers aufgegeben worden. REIMAR PAUL