„Gutscheine für Flüchtlinge sind diskriminierend“

BRANDENBURG Der Linken-Politiker Enrico Rossius will mehr Einsatz für Asylbewerber von Rot-Rot

■ 37, ist Sprecher der Initiative „Willkommen in Oranienburg“, die Asylbewerbern bei der Integration hilft, und Vorsitzender der Linkspartei in Oranienburg.

taz: Herr Rossius, gehen Sie wählen?

Enrico Rossius: Ja, selbstverständlich.

Was erwarten Sie von der Brandenburger Landtagswahl?

Ich erwarte, dass nach der Wahl möglichst keine Nazis im Parlament sitzen und dass es ein gutes demokratisches Ergebnis gibt, das auch die letzte Regierungszeit widerspiegelt.

Sehen Sie denn die Gefahr eines Einzugs einer rechtsradikalen Partei in den Landtag?

Das Risiko ist zwar immer da, aber für diese Wahl bin ich optimistisch, dass es nicht passieren wird. Mir bereitet in diesem Zusammenhang die AfD mehr Sorgen, die Stimmen am rechten Rand fischt. Hier kommt es darauf an, dass möglichst viele Menschen zur Wahl gehen, um die Stärke der demokratischen Kräfte zu untermauern.

Wo liegen die Hauptprobleme Brandenburgs?

Die Bildungspolitik im Land ist sicher ein Bereich, wo schon viel in Bewegung ist und hoffentlich noch sein wird. Zudem muss in der Asyl- und Flüchtlingspolitik noch viel passieren. Hier würde ich mir wünschen, dass die Landesregierung deutlich aktiver auf die Landkreise einwirkt. Ich denke vor allem an das Thema Gutscheine für Asylbewerber.

Was hat es mit diesem Gutscheinsystem auf sich?

Das ist eine Form der Leistungsauszahlung des Landes, gedeckt durch das Asylbewerberleistungsgesetz. Unser Landkreis Oberhavel gibt statt Geld diese Gutscheine aus. Die Asylbewerber bekommen kein vernünftiges Wechselgeld, können viele Waren und Medikamente nicht kaufen und sind vor allem auch in ihrer Mobilität stark eingeschränkt. Die Gutscheine verfallen auch noch am 15. des nächsten Monats, sodass sparen nicht möglich ist. Es gibt zwar im Kreis eine Initiative, die die Gutscheine in Bargeld umtauscht, aber das kann natürlich nicht die Lösung sein. Hier muss die Landesregierung noch energischer auf die Aufhebung dieser Diskriminierung sowie der rigiden Abschiebepraxis des Landkreises Oberhavel hinwirken.

Und wen wählen Sie?

Als Linker natürlich die Linke. Es hat sich viel in den letzten fünf Jahren bewegt. Brandenburg ist eines der wenigen Bundesländer, in denen man ungestört von der Polizei gegen Nazis demonstrieren kann. Hier gibt es ein Miteinander von Zivilgesellschaft, Politik und Polizei, die sich ebenfalls äußerst fair und vernünftig verhält. So soll es bleiben.

INTERVIEW: GIL SHOHAT