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: Das Ende der CD

Keiner der Beteiligten sagt es. Am Montag haben sich das britische Plattenlabel EMI und der amerikanische Computerkonzern Apple geeinigt, dass Apple die Musik aus dem EMI-Katalog künftig ohne Kopierschutz über seinen iTunes-Store verkaufen kann. Aber das Wichtigste an dieser Einigung ist, dass sich mit der EMI nun offenbar die erste der vier Majorplattenfirmen mit der Erkenntnis angefreundet hat, dass die CD am Ende ist. Sie wird verschwinden. Und mit ihr die Idee, dass Musikaufnahmen an einen Tonträger gebunden sind: an eine CD mit einem Cover, die man im Laden erwirbt, mit nach Hause nimmt, in ein Gerät schiebt und so anhört. Die EMI ist der erste Major, der sich in das Unvermeidliche fügt. Die anderen werden folgen.

Der Kopierschutz ist die letzte Selbstversicherung der Tonträgerindustrie. Ein einfacher Sachverhalt, der schwer darzustellen ist. Denn rund 90 Prozent der weltweit verkauften Musik hat sowieso keinen Kopierschutz. Sie erscheint auf CDs und man kann mit ihr machen, was man will. Man kann sie etwa auf seinen MP3-Player überspielen. Und es gibt die restlichen zehn Prozent. Die sind kopiergeschützt, weil sie aus einem Online-Store kommen, und machen Probleme. Man kann sie nämlich nicht ohne weiteres verschieben. Der Kopierschutz verhinderte etwa bisher, dass Songs, die man bei iTunes gekauft hat, auf einem MP3-Player laufen, der nicht von Apple ist. Digitales Rechtemanagement (DRM) nennt sich das und ist Teil des Deals, mit dem Apple-Chef Steve Jobs die vier Majorplattenfirmen überhaupt dazu bekam, ihre Kataloge über iTunes anzubieten. Verbraucherschützer hatten dies schon lange kritisiert.

Das DRM übersetzte die Musik, die durch ihre Digitalisierung und durch die Verbreitung im Netz längst begonnen hatte, sich vom Tonträger zu lösen, ein letztes Mal zurück in eine kontrollierbare Sphäre. Die Idee war, dass die Dateneinheit, die man in einem Online-Store als Song gekauft hatte, so zu behandeln sei, als wäre sie immer noch so einmalig wie eine Schallplatte. Schon seit Einführung der CD ist diese Einmaligkeit aber nicht mehr gegeben. Musik zu digitalisieren heißt, sie ohne klangliche Einbußen kopierbar zu machen. Mit der Popularisierung des Internets sind diese Datenpakete nun auch verlustfrei verteilbar.

Die Musikindustrie musste wohl so handeln, schließlich hat dieses Konzept ihr viele Jahrzehnte lang ein gutes Leben ermöglicht. Es ist aber eine Vorstellung, die nur Sinn hat, wenn man von drei Prämissen ausgeht: Die CD bleibt das Leitmedium, das Geld wird weiterhin mit dem Verkauf von CDs verdient und das Online-Geschäft bedient nur eine Nische. Eine Weile lang schien es ja auch, als hätte sich der Musikmarkt nach den katastrophalen Jahren 2002/2003 auf niedrigem Niveau konsolidiert. Das hat sich aber als Illusion erwiesen: Im ersten Quartal des Jahres 2007 sind die CD-Verkäufe in den USA noch einmal um 20 Prozent eingebrochen, meldete das Wall Street Journal vor einigen Tagen. Mittlerweile kommt man mit nur 60.000 verkauften Exemplaren an die Spitze der US-amerikanischen Verkaufscharts. In den Neunzigern brauchte es noch ein Vielfaches davon.

Tatsächlich können auch die Downloads diesen Einbruch nicht ausgleichen. Trotzdem sind die Online-Verkäufe im Vergleich zum Vorjahr um 54 Prozent gestiegen – kein Unternehmen, dessen Chefs noch einigermaßen bei Trost sind, blockiert in einer solchen Situation seinen einzigen Wachstumsmarkt. Schon gar nicht die EMI, die von allen Majors am schwächsten dasteht. TOBIAS RAPP