Maidemos gegen Miethaie

PROTESTE In Hamburg und Berlin demonstrieren Tausende gegen Stadtumbau und Verdrängung ärmerer Schichten. Bis Sonntagabend ohne große Krawalle

AUS HAMBURG MARTIN KAUL

Entgegen den Erwartungen der Polizei blieben die Maiproteste in Hamburg und Berlin bis zum Sonntagabend weitgehend friedlich. Auf zahlreichen Veranstaltungen und Demonstrationen protestierten in beiden Großstädten am Wochenende Tausende Menschen gegen steigende Mietpreise und soziale Verdrängung durch die Aufwertung von Stadtteilen.

Insbesondere in Hamburg hatte die Polizei wegen eines möglichen Verkaufs des autonomen Kulturzentrums Rote Flora zuvor mit schweren Ausschreitungen gerechnet.

Dort war es am Samstagnachmittag im Rahmen einer Demonstration linker Gruppen für den Erhalt des Kulturprojektes zu kleineren Auseinandersetzungen zwischen Linken und der Polizei gekommen. Demonstranten zündeten Feuerwerkskörper aus der Menge der rund 4.000 Teilnehmer an, warfen mit Flaschen und Farbgeschossen und setzten ein Bundeswehrfahrzeug in Brand. Während in der Nacht zu Sonntag im Hamburger Stadtgebiet nach Angaben der Polizei 16 weitere Fahrzeuge in Brand gesetzt wurden, verlief die Walpurgisnacht im Hamburger Schanzenviertel weitgehend friedlich. Dort war es in den vergangenen Jahren immer wieder zu teils schweren Ausschreitungen gekommen.

Auch in Berlin blieben die Demonstrationen und Feierlichkeiten rund um den 1. Mai bis zum Redaktionsschluss ruhig. Am Samstag hatten hier rund 1.500 Menschen gegen Gentrifizierung demonstriert. Am Samstagabend dann war es im Stadtteil Friedrichshain zu vereinzelten Scharmützeln mit der Polizei gekommen. Dort warfen Demonstranten mit Flaschen und Feuerwerkskörpern. 58 Personen wurden nach Angaben der Polizei festgenommen. Für den Sonntagabend rechnete die Polizei, die rund 6.000 Beamte im Einsatz hatte, jedoch noch mit möglichen Ausschreitungen im Berliner Stadtteil Kreuzberg. In den Vorjahren war es hier im Anschluss an die „revolutionäre 1.-Mai-Demo“ zu teils heftigen Auseinandersetzungen gekommen.

Neben den Protesten gegen stadtpolitische Umstrukturierungen gab es am Wochenende auch Demonstrationen zahlreicher anderer Gruppen. Bundesweit beteiligten sich Tausende Menschen an den Protesten gegen verschiedene Neonazi-Aufmärsche (s. Text oben). Vor dem Hintergrund der seit Sonntag erweiterten Regelung zur europäischen Freizügigkeit demonstrierten am Sonntag in zahlreichen deutschen Städten Gewerkschafter gegen Lohndumping und für die Einführung eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns. Auf der zentralen Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Kassel forderte DGB-Chef Michael Sommer vor rund 4.000 Demonstranten von der Bundesregierung auch erneut den Ausstieg aus der Kernenergie. Auch in Hamburg und Berlin demonstrierten jeweils mehrere tausend, in Niedersachsen nach DGB-Angaben bis zu 50.000 Menschen.

■ Eine ausführliche Chronologie der Maiproteste finden Sie im taz-Ticker auf www.taz.de