Statt des einzelnen Produkts die ganze Organisation im Blick

WFTO Vom Label der „World Fair Trade Organization“ erhoffen sich fair produzierende Kunsthandwerker deutliche Umsatzzuwächse

■ Das Prüfsystem der WFTO basiert auf zehn Fairhandels-Standards, die von den Mitgliedern erfüllt werden müssen. Sie umfassen folgende Bereiche:1. Chancen für wirtschaftlich benachteiligte Produzenten schaffen 2. Transparenz und Verantwortlichkeit 3. Partnerschaftliche Handelspraktiken 4. Zahlung fairer Preise 5. Ausschluss von ausbeuterischer Kinderarbeit und Zwangsarbeit 6. Geschlechtergleichheit, Versammlungsfreiheit, keine Diskriminierung 7. Bessere Arbeitsbedingungen 8. Förderung der Fähigkeiten/Weiterbildung 9. Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit 10. Umweltschutz (os)

Kunsthandwerkliche Waren gehören zu den Klassikern der in Weltläden erhältlichen Produkte des Fairen Handels – ob Schmuck aus Peru oder Holzspielzeug aus Sri Lanka. Ein eigenständiges Siegel für sie gab es lange nicht. Mit dem neuen Label WFTO könnte sich das ändern.

Das Kürzel WFTO meint eigentlich „World Fair Trade Organization“, das 1989 gegründete Netzwerk des Fairen Handels, zu dem 450 Produzentenorganisationen und Importeure in 75 Ländern gehören. Nun wird der Name auch für ein gleichnamiges Siegel und das dazugehörige Prüfverfahren verwendet. Dabei wird unter anderem darauf geachtet, dass die gelabelten WFTO-Mitglieder faire Preise zahlen, ausbeuterische Kinderarbeit ausschließen und Umweltschutz-Richtlinien beachten (siehe Kasten).

Der deutsche Fair-Trade-Importeur El Puente gehört zu den zehn Pilotprojekten aus aller Welt, die 2013 am Prüfsystem der WFTO teilgenommen und dieses erfolgreich durchlaufen haben. „Das Besondere an dem Siegel ist, dass es ist kein Label für einzelne Produkte ist, sondern die WFTO eine Organisation als Ganzes auszeichnet“, sagt El Puente-Sprecherin Jannika Froch.

El Puente, das rund 5.000 Fair-Trade-Produkte aus aller Welt im Angebot hat, kann deshalb nicht nur Schmuck und Spielzeug mit dem WFTO-Aufdruck versehen, sondern auch Kaffee, Tee oder Gewürze. Auf diese Weise gibt es ein einheitliches Label für alle Produktgruppen – eben auch für das fair produzierte Kunsthandwerk. Für dieses ist das WFTO-System ein großer Fortschritt: Es braucht keine jeweils einzelnen Fairhandels-Standards für handgemachte Lederhandtaschen, Kerzen, Eisenlaternen, Ketten und Holzstatuen. Das wäre auch „gar nicht möglich“, so Froch. Stattdessen weisen die Produzentenorganisation auf Basis ihrer allgemeinen Arbeitsweise nach, dass sie die Kriterien des Fairen Handels erfüllen.

Die Produzenten aus dem Süden erwarten sich vom neuen Label einiges: Durch die externe Auszeichnung soll ihre Glaubwürdigkeit gestärkt werden, was wiederum – so die Hoffnung – ihre Verkaufschancen sowohl im Ausland als auch auf den wachsenden Inlandsmärkten erhöhen werde. Der neue Ansatz ermöglicht jetzt auch einem Produzenten wie dem indischen El-Puente-Partner „Asha Handicrafts“, seine Produkte mit dem Siegel „Asha Guaranteed Fair Trade“ zu versehen.

Vor allem im Kunsthandwerk erhofft man sich dadurch Umsatzzuwächse. Allerdings können WFTO-gelabelte Waren auch an Nicht-WFTO-Mitglieder verkauft werden, an Einzel- wie Großhändler. Wer sichergehen möchte, dass es beim Ankauf der WFTO-Produkte durch einen Händler „fair“ zuging, sollte bei ausgewiesenen Fair-Handels-Importeuren einkaufen.

OLE SCHULZ