Ein PR-Coup erster Güte
: KOMMENTAR VON RALF SOTSCHECK

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat die 15 britischen Soldaten gestern Nachmittag begnadigt. Insofern ist die Krise zur Routineangelegenheit geworden. Im umgekehrten Fall hätte Großbritannien genauso gehandelt, Eindringlinge festgenommen und nach Verhandlungen wieder freigelassen. Das nennt man Diplomatie.

Ob die 15 Soldaten tatsächlich in iranische Gewässer eingedrungen sind, ist eine Glaubensfrage. Es spricht wenig dafür, Tony Blairs Versicherungen, dass sich die Soldaten in irakischen Gewässern befanden, für bare Münze zu nehmen. Er ist derselbe Premierminister, der „unwiderlegbare Beweise“ für Iraks Massenvernichtungswaffen vorgelegt hatte.

Die britische Regierung wird versuchen, die Freilassung der Soldaten als Ergebnis des Drucks zu verkaufen, den die westlichen Staaten unter britischer Federführung auf den Iran ausgeübt haben. Das ist sie nicht. Ahmadinedschads Geste ist ein erstklassiger PR-Coup, der Blairs Nahostpolitik einmal mehr als großen Irrtum bloßstellt. Blair hat den Iran seit langem als gefährlichen Schurkenstaat hingestellt, der sich angeblich im Kriegszustand mit der gemäßigten arabischen Welt sowie den westlichen Staaten befindet, die der Region Frieden und Stabilität bescheren wollen.

Blair betreibt seine Nahostpolitik nahezu im Alleingang – so wie er von Anfang an die Macht in der Labour Party auf sich konzentriert hat. Für die Nahostpolitik ist das eine Katastrophe, da sie keinem mit dem Außenministerium entwickelten, durchdachten Konzept folgt, sondern in den letzten Monaten seiner Amtszeit zunehmend dem Zweck dient, später in den Geschichtsbüchern in einem günstigen Licht zu erscheinen.

Dabei trifft er immer öfter Fehlentscheidungen. Seine Nahostreise Ende letzten Jahres erwies sich als Eigentor. Wer zunächst demokratische Wahlen in Palästina verlangt und dann, weil ihm das Ergebnis nicht passt, die Opposition unterstützt, kann kein positives Zeichen für die Muslime in Großbritannien setzen und von ihnen kein Bekenntnis zur Demokratie fordern.

In Sachen PR kann Blair einiges von Ahmadinedschad lernen.