Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Wenn langsam die Luft der Spielzeit entweicht, sich auf den Theaterplänen die Hinweise auf die letzten Vorstellungen vieler Produktionen häufen, sammelt die Saison zugleich noch einmal alle Energie, um beim jährlichen Theatertreffen aufzutrumpfen. Waren es sonst stets die berühmten üblichen Verdächtigen, ist diesmal das Programm erstaunlich souverän gemischt. Zwar gibt’s auch heuer die berühmten großen Theater wie die Wiener Burg. Aber auch das Ballhaus Naunynstraße ist dabei und eine Produktion der freien Performancegruppe She She Pop.

Star der diesjährigen TT-Edition ist, die Spatzen pfeifen es längst von den Dächern, der Schauspieler, Medienkünstler und Regisseur Herbert Fritsch, der mit gleich zwei Inszenierungen vertreten ist: Gerhart Hauptmanns „Der Biberpelz“, in Schwerin entstanden, und Henrik Ibsens „Nora“ vom Theater Oberhausen – beides Mal unterläuft Fritsch die gutmenschlichen wie klischeehaften sozialkritischen Menschenbilder dieser beiden Klassiker des naturalistischen Theaters mit den Mitteln der Groteske. Gleichzeitig fügt er den kritisierten Verhältnissen auf diesem Weg mit geradezu diabolischer Schärfe eine Horrorvision ihrer Abgründe hinzu, und zwar eine schrecklich komische. Das Theatertreffen wird am Freitag mit Katrin Beiers Kölner Jelinek-Trilogie „Das Werk / Im Bus / Ein Sturz“ im Haus der Berliner Festspiele eröffnet.

Wer sich in Wilmersdorf nicht in die Schlacht um die noch vorhandenen Restkarten stürzen will, kann ans andere Ende der Stadt in die Schaubude reisen. Dort ist mit Frank Soehnle einer der bekanntesten deutschen Figurentheatermacher zu Gast. Sein „Theater des Lachens“ präsentiert mit Marionetten, die von ferne an die Skulpturen Alberto Giacomettis erinnern, eine Variation über Heinrich von Kleists berühmten Essay „Über das Marionettentheater“.

■ Theatertreffen: 6.–23. Mai, Programm: www.berlinerfestspiele.de

■ „Kleist – Über das Marionettentheatern“: Die Schaubude, Fr.–So.