Antiterrorkampf: Deutschland verbietet IS

MASSNAHMEN Innenminister de Maizière erteilt dem Islamischen Staat ein Betätigungsverbot und untersagt jede Art von Unterstützung, auch Fahnenschwenken. Grüne und Linke fordern Prävention

IS wendet sich explizit an Deutsche und droht mit „Eroberungen bis Rom“

BERLIN taz | Noch vor zwei Wochen schwenkten sie schwarze Fahnen vor dem Brandenburger Tor in Berlin, ein Mann posierte mit dem Emblem des Islamischen Staates: eine kleine Kundgebung von deutschen Unterstützern der Terrorgruppe IS, die in Syrien und dem Irak mordet. Vor allem: eine Provokation.

Mit solchen Szenen soll nun Schluss sein. Am Freitag verkündete Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ein Betätigungsverbot der IS in Deutschland. Die „mörderische“ Gruppe sei auch hierzulande eine Bedrohung. Das Verbot sei Ausdruck „wehrhafter Demokratie“, so de Maizière, ersetze aber nicht die „geistige Auseinandersetzung“.

Zuletzt hatten deutsche Islamisten im Internet offen für die IS geworben und Propagandavideos geteilt. Auf Kundgebungen wurde vereinzelt die schwarze Fahne der Terrorgruppe geschwenkt. Dafür drohen nun Strafen bis zu zwei Jahren Haft. Jede Art von Unterstützung, so de Maizière, sei ab sofort verboten.

Eine Einstufung der IS als ausländische terroristische Vereinigung erfolgt damit aber nicht. Dafür bedarf es erst eines entsprechenden Gerichtsurteils. Schon den jetzigen Schritt hatte das Ministerium lange geprüft. Denn feste Vereinsstrukturen sind den IS-Anhängern hierzulande bisher nicht nachzuweisen. Auch, so hieß es aus der Behördenspitze, wollte man sichergehen, „religiöse Gefühle nicht zu verletzen“. Denn das IS-Logo enthält auch eine Koransure und das Prophetensiegel. Die Kombination verwende aber nur die IS, argumentiert das Ministerium. Daher sei es legitim, das Logo zu verbieten.

Mehrere Landesinnenminister begrüßten das Verbot, ebenso alle Fraktionen im Bundestag. Grüne und Linke mahnten aber, auch die Prävention zu verstärken, um Radikalisierungen im Keim zu verhindern und Ausstiegswillige zu unterstützen.

Einige Überlegungen gehen weiter. Sie betreffen das Problem der Ausreisen: Rund 400 deutsche Islamisten sollen sich bereits in Syrien und im Irak befinden. So diskutiert eine Arbeitsgruppe der Innenminister, ob neben Pässen auch Personalausweise entzogen und dafür Ersatzpapiere ausgestellt werden könnten – die eine Ausreise untersagen. Dies bedürfte einer Gesetzesänderung. Alternativ wird überlegt, die Ausweise von Islamisten zu markieren.

Die deutsche IS-Unterstützerszene blieb am Freitag still – teils notgedrungen. Das Innenministerium hatte soziale Onlinemedien kontaktiert, um mit dem Verbot einschlägige Accounts zu sperren. Die IS hatte sich zuletzt offensiv an deutsche Islamisten gewandt und ein deutschsprachiges Magazin, Dabiq, veröffentlicht. Darin drohen die Verfasser mit „Eroberungen bis Rom“. KONRAD LITSCHKO

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