LESERINNENBRIEFE :
Patriarchale Kriegerkaste
■ betr.: „Maggie Thatchers stolze Kinder“, taz vom 30. 4/1. 5. 2011
Der Artikel von Dominik Johnson zur Windsor-Hochzeit ist schon eine sehr seltsame Parteinahme für eine patriarchale Kriegerkaste, deren bizarre Rituale hoffentlich niemals (wieder) die Mitte der Gesellschaft erreichen werden. MARION SCHOLE, Lüerdissen
Gefühlsselige Ablenkungsshow
■ betr.: „Maggie Thatchers stolze Kinder“, taz vom 30. 4/1. 5. 2011
Natürlich lenken solche gefühlsseligen Shows die Engländer von der sich verschlimmernden Lage breiter Volksschichten auf der britischen Insel ab, wo der Staat immer härter sparen muss. Man träumt sich aus dem eigenen, oft niederdrückenden Alltag hinein in die angeblich rosa-rote Welt des Hochadels. Besser wäre es, gegen die soziale Ungerechtigkeit zu demonstrieren. Vorbilder sind die Royals nicht. Es mag ja sein, dass der jetzige Kronprinz sich für Umweltschutz und Randgruppen einsetzt. Aber das tun auch andere Prominente. Die Rolle des über den politischen Parteien stehenden Mahners kommt keinem gekrönten Haupt mehr zu. Diese überflüssige Aufgabe könnte, wenn überhaupt, dann ein vom Volk (!) gewählter Bundespräsident übernehmen. CHRISTIAN FUCHS, Gutenstetten
Hilfe zur Selbsthilfe
■ betr.: „Versöhnung auf Probe“, taz vom 29. 4. 2011
Eine Einigung zwischen Fatah und Hamas? Das muss für Israel eine schlimme Vorstellung sein. Schließlich hatte Israel jahrelang die Feindschaft zwischen den beiden palästinensischen Organisationen gut gepflegt. Immerhin wurde die Hamas in ihren Anfängen von Israel geradezu aufgebaut als Gegengewicht zur Fatah, später zahlte sich dann die Unterstützung der Fatah mehr aus. So hielt man sich einen bequemen, für Ruhe sorgenden Abbas, der mit seiner Kooperation mit Israel für die palästinensische Sache nichts erreichte außer noch mehr Siedlungen auf seinem Land, noch mehr Checkpoints, noch mehr Mauer, noch mehr palästinensische Gefangene in israelischen Gefängnissen. Auf der anderen Seite dämonisierte Israel die Hamas als beängstigenden Gegner, vor dem Israel zu schützen geradezu zur Staatsraison für die USA und Deutschland wurde.
Was jetzt tun, wenn das „Teile und herrsche!“ nicht mehr funktionieren sollte? In dieser Situation braucht Israel Hilfe zur Selbsthilfe. Was Israel aus eigener Kraft nicht schafft, sollte ihm von anderen ermöglicht werden: die Rückkehr zu Rechtsstaatlichkeit, Beachtung von Völkerrecht und Menschenrecht, realistische Sicht auf die eigene Geschichte und Verzicht auf die in der Vergangenheit so nützliche Opferrolle. GEORG FRITZEN, Düren
Ich bleib draußen
■ betr.: „Sarrazin spaltet die SPD“, taz vom 27. 4. 2011
Seit ich vor acht Jahren aus der SPD austrat, plagten mich Phantomschmerzen. Immer wieder, wenn sie oder einzelne ihrer führenden Kader Kritisierenswertes äußerten oder taten, schmerzte mich das. Zumal Familie und Freunde fortfuhren zu sticheln: „Na, was sagst du nun zu deiner Partei?“ Der Phantomschmerz bewies, dass sie recht hatten – es war immer noch „meine“ Partei, nicht mehr real ein Teil von mir, aber noch gefühlt. Manchmal überlegte ich, ob ich nicht wieder eintreten sollte. Schmerz und Zweifel sind nun zu Ende. Ich bleib draußen! Die Sarrazin-Entscheidung hat das bewirkt. Danke, SPD. DOLF STRAUB, Berlin
Falsch verstandene Parteilichkeit
■ betr.: „Mindestlohn für Schäuble“, taz vom 30. 4./1. 5. 2011
Die taz berichtet von der Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, nach der ein Mindestlohn von 8,50 Euro Schäuble 7 Milliarden in die Staatskasse spüle. Prominent platziert die taz die grüne Abgeordnete Pothmer auf Seite 1, die einen Mindestlohn fordert. Als einzige Oppositionspartei fordern die Grünen aber lediglich einen Mindestlohn von 7,50 Euro, der ohne ergänzende Leistungen nach Hartz IV kaum für einen Single ausreicht. DGB wie SPD fordern daher 8,50 Euro, die Linke gar 10 Euro. Der SPD wird vorgehalten, dass sie an die Agenda 2010, Minijobs und Hartz IV nicht mehr gerne erinnert werden möchte. Und die Grünen, die Partei der Besserverdienenden, waren nicht in der Koalitionsregierung, die die Niedriglohnpolitik durchsetzte? Desorientierung statt Aufklärung ist das Ergebnis einer falsch verstandenen Parteilichkeit, an der die taz zunehmend leidet. Schade, es war mal eine wichtige Zeitung. GABY GOTTWALD, Berlin
Verschobene Abschiebung
■ betr.: „Keine Abschiebung nach Syrien“, taz vom 30. 4./1. 5. 2011
Die Meldung, wonach das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorläufig keine Asylentscheidungen zu Syrien treffen wolle, hört sich gut an. Aber nur auf den ersten Blick: Würde nämlich das Bundesamt derzeit über Asyl- und Flüchtlingsanträge entscheiden, würden wahrscheinlich viele Syrer anerkannt werden, insbesondere solche, die in Deutschland gegen das syrische Regime aktiv geworden sind. Denn aufgrund der gegenwärtigen Situation müssten sie erst recht mit Verfolgung rechnen. Eine „Anerkennungswelle“ will aber das Bundesamt vermeiden. Deshalb wartet man, bis sich die Verhältnisse beruhigt haben, und lehnt dann wie gehabt die meisten Asylanträge der Syrer wieder ab. HANS-GEORG VEIT, Trier