BETTINA RADDATZ, BEAMTIN UND AUTORIN
: Die Kronzeugin

■ 59, begann mit Mitte 20 ihre Behörden-Karriere, heute leitet sie ein Staatskanzlei-Referat in Hannover. Foto: Göbber

Bettina Raddatz hat ausgepackt. Wieder einmal. Sie ist Beamtin in der niedersächsischen Staatskanzlei und hat im Fernsehmagazin Panorama erklärt, wer eine Kampagne von Mittelständlern für Gerhard Schröders Bundestagswahlkampf 1998 finanziert hat und wie das vertuscht wurde.

Es ging um drei Zeitungsanzeigen, die nach Raddatz’ Aussagen Carsten Maschmeyer bezahlt hat, der Gründer des umstrittenen Finanzdienstleisters AWD. Eine dritte Person habe das Geld erhalten und die Anzeigen gebucht, sagt Raddatz. Davon habe auch Frank-Walter Steinmeier gewusst, damals Chef der Staatskanzlei, heute SPD-Fraktionschef im Bundestag. Steinmeier und Maschmeyer streiten die Vorwürfe ab.

Raddatz’ Aussagen sind brisant: Wenn sie stimmen, könnte die SPD gegen die Regeln der Parteienfinanzierung verstoßen haben. Die Bundestagsverwaltung prüft das. Außerdem gab die Beamtin der Staatskanzlei zu, aus ihrer Funktion heraus den Wahlkampf Schröders unterstützt zu haben. Behörden dürfen nicht parteipolitisch arbeiten. Die Staatskanzlei-Führung will deshalb mit Raddatz reden.

„Ich habe da gar nichts zu beschönigen, das ist nicht unproblematisch“, sagt Raddatz. Aber sie behauptet auch: „Ich habe den Steuerzahler definitiv nicht geschädigt.“ Sie habe damals acht Stunden für die Staatskanzlei gearbeitet, den Wahlkampf habe sie hinten dran gehängt.

Die Wirtschaftswissenschaftlerin hat ihr ganzes Berufsleben für Behörden gearbeitet. Es gab nur ein wenige Monate dauerndes, aber folgenreiches Zwischenspiel Anfang der 90er-Jahre im Vorstand eines Kabel-Unternehmens, das pleiteging und in einen Finanzskandal verwickelt war. Wie es dazu kam und wer verantwortlich war, erklärt Raddatz in ihrem ersten Buch. Da packte sie das erste Mal aus.

Inzwischen hat sie wieder geschrieben: Ihr Roman „Der Spitzenkandidat“ ist erschienen. Er spielt in der Politik, es geht um Arbeitsplatzabbau, Gewalt gegen Frauen und Vertuschung in der Politik, soll aber unterhalten.

Warum sie geredet hat? „Es wäre unglaubwürdig, Bücher über Vertuschungen zu schreiben und sich selbst an solchen zu beteiligen“, sagt Raddatz. DKU