Schäubles zweiter Islam-Gipfel am 2. Mai

Der Bundesinnenminister trifft sich erneut mit Vertretern der Muslime, um eine Zwischenbilanz nach acht Monaten zu ziehen. Thesenpapier des Ministeriums umstritten, weil darin von „kultureller Leitorientierung der Mehrheitsgesellschaft“ die Rede ist

AUS BERLIN CIGDEM AKYOL

Der Termin steht fest: Die Teilnehmer der Islamkonferenz werden am 2. Mai ihre erste Zwischenbilanz präsentieren. Nachdem der Termin vom Bundesinnenministerium bereits zweimal verschoben wurde, sind nun Räume in der Berliner Akademie der Wissenschaften reserviert, bestätigte das Sekretariat der Akademie gegenüber der taz.

Seit einigen Monaten diskutieren islamische Dachverbände, Vertreter der Politik und muslimische Einzelpersonen über die Integration des Islam in die deutsche Gesellschaft. Der Gesprächsprozess begann mit der Auftaktkonferenz im vergangenen September, zu der Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) eingeladen hatte. Schäuble will, dass die Teilnehmer in den kommenden zwei bis drei Jahren konkrete Vorschläge erarbeiten, um das Zusammenleben von Muslimen und Deutschen zu verbessern. Dabei soll es auch um alltägliche Fragen, wie den Schwimmunterricht für Mädchen, die Gleichberechtigung von Mann und Frau oder den islamischen Schulunterricht, gehen. Die Detailarbeit übernahmen drei Arbeitsgruppen und ein Gesprächskreis, die sich mit den Themenfeldern „Deutsche Gesellschaftsordnung und Wertekonsens“, „Religionsfragen im deutschen Verfassungsverständnis“ und „Wirtschaft und Medien als Brücke“ befassen. Der Gesprächskreis diskutiert über „Sicherheit und Islamismus“.

Doch wie die taz von Teilnehmern erfuhr, verlaufen die Verhandlungen eher schleppend, konkrete Vorhaben wurden bisher keine beschlossen. Nach den ersten Beratungen der Arbeitsgruppe „Deutsche Gesellschaftsordnung und Wertekonsens“ verfasste das Innenministerium ein erstes Thesenpapier. Das Papier mit dem Titel „Muslimisches Leben in der deutschen Gesellschaftsordnung“ soll bei einem gemeinsamen Arbeitstreffen am 18. April endgültig verabschiedet werden, damit es am 2. Mai öffentlich präsentiert werden kann. Die Vorlage sorgt jedoch für Diskussionen. Denn in dem Papier, das der taz vorliegt, wird von Zuwanderern gefordert, sich an die „kulturelle Leitorientierung der Mehrheitsgesellschaft“ anzupassen. Begrifflichkeiten, die nicht jedem gefallen – die Kritiker wollen ihre Namen aber nicht in der Zeitung gedruckt sehen. In dem Ministeriumspapier heißt es zudem, das Bekenntnis zur deutschen Rechts- und Werteordnung, die Respektierung der sozialen Umgangsformen in Deutschland sowie die Bereitschaft zum Erwerb der deutschen Sprache seien „der Weg zum Miteinander“.

„Eigentlich sollte es eine Voraussetzung sein, dass wir uns an das Grundgesetz halten“, kritisiert Jamal Malik, Teilnehmer der Arbeitsgruppe „Wertekonsens“ und Islamwissenschaftler. Warum man sich auf eine Selbstverständlichkeit einigen muss, ist Malik ein Rätsel. „Die erneute hartnäckige Debatte darum in der Islamkonferenz kann ein negatives Signal an die breite Öffentlichkeit sein, dass sich Muslime nicht an das Grundgesetz halten.“ Aber nicht nur das langsame Vorwärtskommen ärgert einige Teilnehmer, auch die Kommunikation scheint nicht immer einfach. So beschweren sich nichtorganisierte Muslime über die Vertreter der islamischen Verbände. Diese seien nicht kritikfähig, sagen Kritiker. Dass es hin und wieder Streit gibt, bestätigt auch Bekir Alboga von der Türkisch Islamischen Union der Anstalt für Religion. „Aber das findet alles in einem friedlichen Rahmen statt“, schiebt er hinterher.

„Die Verbände vertreten eine Doppelmoral“, schimpft ein Teilnehmer: Nach außen hin gäben sie sich dialogbereit, bei konkreten Problemen wie Schwimmunterricht stellten sie sich aber stur. Öffentlich will diese harte Kritik aber kein Teilnehmer formulieren. Schließlich will man nicht die Stimmung verderben.