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: Diese Woche frisch

Morgentau

Spätestens das postkoloniale Drama „Sankofa“ (1993) hat Haile Gerima zu einem der sehr wenigen Filmschaffenden vom afrikanischen Kontinent mit internationaler Anerkennung gemacht. 10 Jahre sind seit Gerimas letztem Werk, „Adwa“ vergangen. Schwierigste Produktionsbedingungen haben den Abschluss des Nachfolgers, „Teza – Morgentau“, stark verzögert. Der Durchhaltewillen jedoch hat sich gelohnt. In der Hauptrolle spielt Aaron Arefayne mit großer Intensität den Arzt Anberber – überfordert von einer Welt, in der er überall fremd bleibt, ob im deutschen Exil oder in Äthiopien, dem Land seiner Geburt. Am Ende ist er verkrüppelt wie sein Land, verstümmelt und entwürdigt von Europa/Europäern – und das nicht nur im übertragenen Sinne.

Die Spiritualität Äthiopiens wird in „Morgentau“ nicht sentimental-folkloristisch eingefärbt, sie ist Ausdruck eines Bildungsrückstandes, der in völliger Hilflosigkeit gegenüber den Herausforderungen einer chaotischen Moderne mündet. Von Krieg und Aberglauben, Armut und Hass gezeichnet liegt die Hoffnung des Landes auf Intellektuellen wie Anberber, die nach ihrer Exilzeit teils mit völligem Unverständnis auf die Situation in Äthiopien reagieren, unter anderem auch, weil ihren eigenen Wunden mit Unverständnis begegnet wird. Die Bilder werden nicht zuletzt durch die Konfrontation der Schönheit, zum Beispiel der beeindruckenden Ruhe des Tana-Sees, mit der Hässlichkeit des Geschehens, von politischen Morden, bis zu sexuellen und rassistischen Übergriffen, so eindringlich. Mit den starken Frauen Cassandra (Araba E. Johnston Arthur) und Azunu (Teje Tesfahun) ermöglicht Gerima dazu eine positive Identifikation und schafft es letztendlich sogar, auf einer eher positiven Note zu enden. Hackesche Höfe KRT