Stirbt die Zeitung in zehn Jahren?

PODIUM Alle fragen sich, wie es mit Printjournalismus weitergeht. Klar ist: Der Bedarf an gut recherchierten Geschichten wird bestehen bleiben – unabhängig vom Verbreitungsweg

Elisabeth Niejahr sind die Prophezeiungen zu pessimistisch: „Man kann sich auch kollektiv selbst in den Untergang reden“, entfuhr es der Journalistin der Zeit bei der Diskussion zur „Zukunft des Journalismus“ auf der Genossenschaftsversammlung der taz. Zu negativ waren ihr die Ausführungen von Sebastian Esser, Mitbegründer des Crowdfunding-Projekts Krautreporter, der zuvor auf die aktuellen Krisenlagen bei Spiegel, Focus, FAZ und Co. hingewiesen und das Ende des Printjournalismus innerhalb der nächsten zehn Jahre prognostiziert hatte.

Das Publikum, GenossInnen und überwiegend treue LeserInnen der gedruckten taz, hatte Niejahr damit auf ihrer Seite.

So wenig, wie das Fernsehen die Zeitung oder die SMS das Telefonat ersetzt hätte, werde der Onlinejournalismus die Papierzeitung ganz verdrängen, gab sich Niejahr überzeugt; ihrer Zeitung habe der Trend zum Lesen im Netz bisher wenig geschadet.

Die im Oktober an den Start gehenden Krautreporter werden ihre Geschichten dagegen ausschließlich online präsentieren. Die Erwartungshaltung ist groß: Innerhalb nur eines Monats haben sich im Frühjahr über 17.000 Menschen gefunden, die ein Jahresabo abschlossen, um das Projekt zu ermöglichen.

Als „Kompliment an das Genossenschaftskonzept der taz“ wollte Esser die Idee verstanden wissen. Was die LeserInnen inhaltlich erwarten können, blieb dagegen vage. Krautreporter sei eine „Plattform“, die professionelle Arbeitsbedingungen für die 25 beteiligten JournalistInnen zur Verfügung stelle. Dass sie im taz-Umfeld zum Teil als „inhaltslose Yuppies“ wahrgenommen würden, verriet Esser schmunzelnd, zeigte sich aber zugleich überzeugt, dass tazler Verständnis für ihr Anliegen haben: „Als JournalistInnen unser eigenes Ding machen“.

Das konnten alle MedienmacherInnen auf dem Podium unterstützen. Der Tenor: Der Journalismus der Zukunft braucht mutige Ideen, muss neue Geschäftsmodelle, insbesondere fürs Netz entwickeln, seine Community stärker einbinden, doch der Bedarf an gut recherchierten Geschichten werde bestehen bleiben, unabhängig vom Verbreitungsweg. Als Dritter in der Runde, die von taz-Chefredakteurin Ines Pohl moderiert wurde, hatte David Schraven Platz genommen, der dem gemeinnützigem Recherchebüro Correct!v vorsteht.

Der ehemalige Geschäftsführer der NRW-taz beschrieb die Lage am deutschen Zeitungsmarkt nicht nur als „Flächenbrand“, sondern als „Pest“, was ihn nicht davon abhielt, sein Konzept mit großem Selbstbewusstsein zu präsentieren.

Mit intensiven Recherchen, etwa der Aufarbeitung riesiger Datenmengen, deren Ergebnisse er Lokalredaktionen zur Verfügung stellt, möchte er den Journalismus in seiner Rolle als „Träger der Demokratisierung“ stärken. Skeptische Nachfragen nach der Unabhängigkeit seines stiftungsfinanzierten Konzepts beantwortete Schraven mit dem Hinweis auf seine persönliche Integrität. Doch wissen die taz-GenossInnen: Die Zukunft des Journalismus liegt in seiner Unabhängigkeit. ERIK PETER