LESERINNENBRIEFE
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Wissenschaftlicher Niedergang

■ betr.: „Wer fragt die Polynesier“, taz vom 30. 4./1. 5. 11

Selten habe ich in der taz so einen ärgerlichen Kommentar gelesen. Der Autor Reinhard Wolf unterrichtet Politikwissenschaft, und dies auch noch in Frankfurt – von dort hat man zu früheren Zeiten Anspruchsvolleres gehört.

Die Nutzung der Atomenergie ist nicht verantwortbar. Daran ändert auch der Verweis auf andere Dummschwätzer, wie auf antiquierte amerikanische Spitzenpolitiker, wenig. Und den Polynesiern können wir in der Klimafrage doch nicht dadurch helfen, dass wir uns und unsere Kinder und Kindeskinder unkalkulierbaren atomaren Risiken aussetzen. Befinden sich die Politikwissenschaften in Frankfurt denn so sehr im Niedergang?

GOTTFRIED OHNMACHT-NEUGEBAUER, Reutlingen

Ethischer Imperativ

■ betr.: „Wer fragt die Polynesier“, taz vom 30. 4./1. 5. 11

Wär dieser Beitrag von Reinhard Wolf vor einem Monat erschienen, wäre die Sache klar. Auch so wär’s eine gute Satire – tatsächlich leben wir ja seit Langem bestens auf Kosten der Poly- und Mela- und anderer Nesier in der „Dritten Welt“.

Nun ist zu befürchten, dass er es ernst meint, und dann wird’s kriminell. Dann werden in perfider Weise die Not leidenden Menschen anderswo als Geiseln genommen, um uns dem Willen der großen AKW-Betreiber zu unterwerfen, und das mit Argumenten, die in der seriösen Diskussion längst überholt sind. Er lese dazu den Beitrag des Sprechers von „Brot für die Welt“ im Hearing der Ethikkommission vom 29. April, oder auch gleich Hermann Scheers Vermächtnis „Der energet(h)ische Imperativ“.

Bleibt noch nachzutragen: Atomkraftgegner in Deutschland kämpfen auch gegen Atomkraftwerke im Rest der Welt, haben gerade noch eins in Bulgarien verhindert, und gegen Exporte von Brennelementen nach Japan und radioaktivem Müll nach Russland oder in die Südsee, was ja auch schon mal „kluge“ Leute vorgeschlagen haben. Greenpeace-Aktivisten wurden vom französischen Geheimdienst ermordet, weil sie gegen Atombombentests in Polynesien protestierten. Und die Atomkraftgegner, die ich kenne, reduzieren seit Jahrzehnten ihren persönlichen CO2-Ausstoß, auch mit Blick auf die Dritte Welt. WOLFGANG WIEMERS, Münster

Päpstlicher Segen für Atomkraft

■ betr.: „Atomkraft für Afrika“, taz vom 27. 4. 2011

Die Internationale Atomernergie-Organisation IAEO [engl. IAEA] wurde also mit dem Ziel gegründet, die „friedliche und sichere“ Nutzung der Kernenergie zu fördern, was sie laut taz in Afrika auch tut. Dieser Zielsetzung war sich offensichtlich auch der amtierende Papst Joseph Ratzinger bewusst, als er am 29. Juli 2007 erklärte: „Heute vor genau 50 Jahren trat das Statut der IAEA in Kraft, der Internationalen Atomenergiebehörde, die mit dem Auftrag eingerichtet worden ist, in der ganzen Welt den Beitrag der Atomenergie zum Frieden, zur Gesundheit und zum Wohlstand zu beschleunigen und zu steigern. Der Heilige Stuhl stimmt voll und ganz den Zielsetzungen dieser Organisation zu; er ist seit ihrer Gründung deren Mitglied und unterstützt auch weiterhin ihre Tätigkeit.“

Man sollte sich also nicht täuschen lassen, wenn zurzeit in Deutschland katholische Würdenträger dem Volk suggerieren wollen, die katholische Kirche habe die Atomkraft schon immer kritisch gesehen. Auch wenn Kardinal Marx verlauten lässt: „Insofern ist die kirchliche Mehrheitsposition, aus dieser Energiegewinnung auszusteigen“, ist Skepsis angebracht, denn seit wann gilt in der katholischen Kirche die Mehrheitsmeinung? RALF BÖHM, Berlin