„Ja zu Muktada“

NADSCHAF/BAGDAD/BERLIN rtr/dpa/taz ■ Zum vierten Jahrestag des US-Einmarsches in Bagdad sind gestern hunderttausende Iraker einem Aufruf des radikalen Schiiten-Predigers Muktada al-Sadr zu antiamerikanischen Protesten gefolgt. Mit Parolen wie „Nein zur Besatzung, Nein zu Amerika – Ja, Ja zu Muktada!“ zogen die Demonstranten durch die Stadt Nadschaf. Überwiegend junge Männer schwenkten irakische Fahnen und verbrannten die US-Flagge.

„Geht hinaus und demonstriert, um die Besatzung zu beenden“, erklärte al-Sadr, der bei den Protesten selbst nicht auftrat, in seinem Aufruf. Daraufhin machten sich Demonstranten mit Bussen und Autos auf in die den Schiiten heilige Stadt südlich von Bagdad. Die Straße zwischen Bagdad und Nadschaf war zeitweise mit hunderten Fahrzeugen vollgestopft. Zwischenfälle wurden zunächst nicht gemeldet.

Al-Sadr, der in der ärmeren schiitischen Stadtbevölkerung große Sympathien genießt, macht die US-Invasion für die Gewalt im Irak verantwortlich. Kämpfer seiner Mahdi-Miliz haben sich wiederholt Gefechte mit den irakischen Sicherheitskräften und US-Truppen geliefert, zuletzt am Wochenende in der Stadt Diwanija.

Das US-Verteidigungsministerium bezeichnet die Mahdi-Miliz als größte Bedrohung für den Frieden im Irak. Es wirft den Sadristen Morde und das Schüren von ethnischer Gewalt zwischen Schiiten und Sunniten vor. Insofern ist es bemerkenswert, dass sich auch 30 Politiker der sunnitischen Irakischen Islamischen Partei einem Marsch der Sadr-Anhänger von Basra in Richtung Norden angeschlossen haben. Sie bekundeten die Einheit mit den Schiiten in dem Ziel, den Irak von allen Besatzungstruppen zu befreien.

Seit dem Beginn der Umsetzung des amerikanisch-irakischen Sicherheitsplans Mitte Februar haben die Sadr-Anhänger sich jedoch zurückgehalten und in den Rückzug der Mahdi-Armee eingewilligt. Die Auflösung der Miliz ist eine der Hauptforderungen der Sunniten, und die US-Truppen bemühen sich gegenwärtig, gegen die Übeltäter auf beiden Seiten gleichermaßen vorzugehen. Der irakische Präsident Dschalal Talabani hatte Anfang April bestätigt, dass die Mahdi-Armee ihre Aktivitäten auf Befehl al-Sadrs eingestellt habe. Talabani nannte dies ein neues Phänomen und eine positive Reaktion auf den Sicherheitsplan. „Offenbar waren die Instruktionen von Bruder Muktada al-Sadr effektiv und gleichzeitig gibt es keine Klagen von den sunnitisch-arabischen Brüdern mehr über Angriffe auf sie wie zuvor“, sagte Talabani nach Angaben des britischen Rundfunksenders BBC.

In Bagdad verhängte die Regierung gestern ein Fahrverbot, um Autobombenanschläge am Jahrestag zu verhindern. Bei einem solchen Attentat starben am Sonntag südlich der Hauptstadt drei US-Soldaten. Insgesamt wurden bei Anschlägen und Gefechten während der Osterfeiertage mindestens 60 Iraker und insgesamt zehn US-Soldaten getötet.

In diesem Jahr war der 9. April erstmals kein Feiertag mehr. Die Regierung gab am Sonntag bekannt, der Tag sei ab sofort wieder ein normaler Arbeitstag. Die von den USA 2003 eingesetzte irakische Übergangsregierung hatte den Tag des Einmarsches der US-Truppen in Bagdad zum offiziellen Feiertag erklärt. B.S.