Libyen-Kontaktgruppe will Fonds für Rebellen einrichten

LIBYEN Eingefrorenes Vermögen des Gaddafi-Clans soll an seine Gegner gehen. Luftangriffe intensiviert

„Wir müssen dafür sorgen, dass die Gelder zum Volk finden“

GUIDO WESTERWELLE

ROM dpa/dapd/rtr/taz | Die internationale Libyen-Kontaktgruppe will einen Hilfsfonds zur finanziellen Unterstützung der Gaddafi-Gegner einrichten. Darauf verständigten sich die Außenminister von mehr als 20 Ländern am Donnerstag in Rom. In den Treuhand-Fonds soll Geld aus dem Vermögen von Machthaber Muammar al-Gaddafi einfließen, das im Ausland beschlagnahmt wurde. Allein in Deutschland sind Konten mit Guthaben in Höhe von etwa 6,1 Milliarden Euro gesperrt.

Außenminister Guido Westerwelle sagte, das Geld von den eingefrorenen Konten stehe nicht dem Ausland, sondern „dem libyschen Volk“ zu. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Gelder aus diesem Reichtum zum Volk finden, um das Leid zu lindern.“ Zugleich sprach sich die Kontaktgruppe abermals dafür aus, die Suche nach einer politischen Lösung voranzutreiben.

Auf dem Treffen in Rom stellte ein Mitglied des Übergangsrates nach Angaben aus Delegationskreisen eine Art Roadmap vor. Demnach könnte innerhalb von zwei Wochen eine Versammlung des gesamten libyschen Volkes einberufen und dabei der Beschluss zur Ausarbeitung einer neuen Verfassung gefasst werden. Vier Monate nach Annahme der Verfassung per Referendum könnte es dann Wahlen geben.

An dem Treffen nahmen Vertreter von insgesamt 40 Staaten und internationalen Organisationen teil. Dazu gehörten auch die Vereinten Nationen, die Nato und die Arabische Liga. Die meisten Mitgliedsstaaten der Kontaktgruppe sind auch am Militäreinsatz in Libyen beteiligt.

In der fünften Woche des Libyen-Einsatzes fliegt die Nato fast so viele Luftangriffe wie zu dessen Beginn. Das Nato-Hauptquartier berichtete am Donnerstag über insgesamt 62 Luftschläge auf die Hauptstadt Tripolis sowie die Städte Misurata, Ras Lanuf, al-Sintan und Sirte. Insgesamt wurden seit dem 31. März 2.042 Luftangriffe geflogen.

In der Rebellenhochburg Bengasi ist am Donnerstag ein Schiff mit mehr als 1.000 Flüchtlingen aus der umkämpften Hafenstadt Misurata eingelaufen. Insgesamt habe das Schiff 1.138 Menschen in Sicherheit gebracht, sagte eine Sprecherin der Internationalen Organisation für Migration in Genf. Darunter seien rund 800 ausländische Arbeiter sowie mehr als 300 Libyer, die an Bord geklettert seien. Auch mehr als 30 Verwundete seien auf dem Schiff gewesen. Soldaten des Gaddafi-Regimes hatten die Menschen am Hafen von Misurata am Mittwoch beschossen, als sie an Bord der „Red Star One“ drängten. Nach Angaben der Rebellen wurden dabei fünf Menschen getötet.