London stoppt bezahlte Soldaten-Storys

Nach heftiger Kritik macht die britische Regierung einen Rückzieher und untersagt den Verkauf weiterer Iran-Erlebnisse

DUBLIN taz ■ Kommando zurück: Die 15 britischen Soldaten, die wegen angeblicher Grenzverletzung von iranischen Sicherheitskräften in Gewahrsam genommen und nach 13 Tagen Gefangenschaft am vergangenen Donnerstag freigelassen wurden, dürfen keine weiteren bezahlten Interviews geben. Das entschied der britische Verteidigungsminister Des Browne vorgestern Abend, nachdem es wütende Proteste von der Opposition, von Teilen der Armeeführung und von den Angehörigen der im Irak getöteten Soldaten gegeben hatte.

Die Erlaubnis, Honorare für Interviews zu kassieren, habe „zu keinem befriedigenden Ergebnis“ geführt, sagte Browne. „Wir müssen daraus lernen.“ Ian Andrews, der zweithöchste Beamte im Verteidigungsministerium, soll gemeinsam mit Armee, Marine und Luftwaffe eindeutige Regeln für die Zukunft festlegen. „Bis dahin dürfen keine weiteren Soldaten mit den Medien gegen Geld über ihre Erfahrungen reden“, sagte Browne.

Oppositionspolitiker monierten, sein Rückzieher komme viel zu spät. Liam Fox, Verteidigungsminister im Tory-Schattenkabinett, beschuldigte die Regierung, die Sympathien der Bevölkerung für die 15 Soldaten verspielt zu haben. „Unsere Soldaten sind auf eine furchtbar unwürdige Art und Weise zur Auktion freigegeben worden“, sagte er.

Die schärfste Kritik kam von Michael Heseltine, dem früheren Tory-Verteidigungsminister und stellvertretenden Premier. „Da riskieren Menschen täglich ihr Leben und bekommen dafür relativ wenig Geld, während andere sich unter Umständen, die es zu untersuchen gilt, als Geiseln nehmen lassen und ein Vermögen verdienen“, sagte er. „So etwas Widerliches ist mir noch nicht untergekommen.“

Browne rechtfertigte seine ursprüngliche Entscheidung. Die Familien der 15 Soldaten seien von den Medien regelrecht belagert worden, sagte er, und früher oder später wären die Geschichten ohnehin öffentlich geworden. Die Marine habe deshalb die Vorschriften korrekt angewandt. Armeechef General Richard Dannatt hatte jedoch durchsickern lassen, dass er darüber nicht glücklich war. Das trug erheblich zu Brownes Umschwenken bei. Die zwei Exgefangenen, die ihre Interviews bereits verkauft haben, dürfen das Geld behalten.

Faye Turney, die einzige Frau unter den 15 Gefangenen, soll rund 100.000 Pfund vom Boulevardblatt Sun und dem Fernsehsender ITV bekommen haben. Gestern erschien ein weiterer Erlebnisbericht von ihr in der Sun, in dem sie unter anderem ihre Begegnung mit dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad bei der Verabschiedung in Teheran schildert. Sie habe ihn als „oberflächlich“ empfunden. Arthur Batchelor, mit 20 der Jüngste in der Gruppe, hat seine Geschichte für eine weitaus geringere Summe an den Daily Mirror verkauft.

RALF SOTSCHECK