„Neue Aufrüstungsspirale“

VORTRAG Ein Arzt erklärt, warum es trotz einer Renaissance von Atomwaffen noch Hoffnung gibt

■ 45, Internist in Brinkum und Mitglied der Organisation „Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges“ (IPPNW).

taz: Herr Pohlmeier, ein chinesischer Militärstratege sieht die Gefahr eines dritten Weltkrieges durch den Ukraine-Konflikt. Was meinen Sie?

Lars Pohlmeier: Solange es Atomwaffen gibt, ist immer auch Krieg mit globaler Dimension vorstellbar. Die Ukraine-Krise verschäft Bestrebungen, wieder auf atomare Hochrüstung zu setzen. Das hätte vor einem Jahr keiner geglaubt.

Es gibt eine Renaissance von Atomwaffen?

Ja. In Russland sollen alle Atomwaffensysteme in den nächsten Jahren modernisiert werden, auch die USA haben ähnliche Programme unter Obama abgesegnet. In Deutschland sollen neue Atombomben stationiert werden. Es droht eine neue Aufrüstungsspirale.

Warum wird wieder darauf gesetzt? Aus Gründen der Abschreckung? Die Abschreckungs-Doktrin hat sich überlebt, sie bedroht jeden, auch den, der sie selbst betreibt. Atomwaffen sind für die Lösung von Konflikten völlig ungeeignet. Allerdings gibt es eine starke Rüstungsindustrie, die daran verdient. Es wurde historisch verpasst, politisch den Sack am Ende in der Gorbatschow-Zeit zuzumachen und die Waffen abzuschaffen.

Gab es keine Fortschritte seit Ende des Kalten Krieges?

Doch. Es gibt eine bedeutsame Gegenbewegung von 146 Staaten, initiiert von Norwegen, um Strategien für atomare Abrüstung voranzubringen. Ein Ziel könnte ein weltweiter Ächtungs-Vertrag für Atomwaffen sein, um politischen Druck auf Atomwaffenstaaten zu erzeugen und die Waffen für immer abzuschaffen. INTERVIEW: JPB

19.30 Uhr, Jugendherberge Bremen, Kalkstraße 6