Mehr Rechte für den Donbass

UKRAINE Das Parlament beschließt Gesetz über Sonderstatus für die Regionen Donezk und Lugansk sowie eine Amnestie für prorussische Kämpfer. Denen reicht das aber nicht

Das Gesetz sieht die Abhaltung von lokalen Wahlen am 7. Dezember 2014 vor

VON BARBARA OERTEL

BERLIN taz | Das ukrainische Parlament hat am Dienstag ein Gesetz über den Sonderstatus für die Ostukraine sowie eine Amnestie für die prorussischen Kämpfer beschlossen. Das von Präsident Petro Poroschenko in die Verchovna Rada eingebrachte Sonderstatus-Gesetz soll zunächst für drei Jahre gelten. Es sieht unter anderem die Abhaltung von lokalen Wahlen am 7. Dezember sowie die Gründung einer eigenen Volksmiliz in den bislang von prorussischen Separatisten kontrollierten Regionen vor. Zudem soll die Selbstverwaltung in den Gebieten Lugansk und Donezk gestärkt werden. Das Recht, Russisch oder eine andere Minderheitensprache zu verwenden, wird garantiert.

Bei dem Votum, das in einer nicht öffentlichen Sitzung stattfand, stimmten 277 von 450 Abgeordneten für Poroschenkos Vorschlag. Entgegen sonstiger Gepflogenheiten wurde das Abstimmungsergebnis der einzelnen Fraktionen nicht bekanntgegeben. Es wäre für einige Abgeordnete aus dem Westen oder dem Zentrum der Ukraine wohl unangenehm gewesen, vor ihren Wählern zuzugeben, dass sie für dieses Gesetz gestimmt hätten, meinte dazu das ukrainische Nachrichtenportal Ukrainska Pravda.

Für die Amnestie votierten 287 Parlamentarier. Diese sieht für die prorussischen Kämpfer Straffreiheit vor, wenn sie innerhalb eines Monats alle Geiseln frei lassen, die Waffen niederlegen, öffentliche Gebäude räumen und keine Organe der Staatsmacht mehr blockieren. Ausgenommen von der Amnestie sind diejenigen, die sich „schwerer Verbrechen“ schuldig gemacht haben. Das Gesetz nennt eine Beteiligung am Absturz des malaysischen Flugzeugs MH 17 sowie den Versuch, die Aufklärung der Tragödie zu behindern.

Die Separatisten reagierten zurückhaltend bis ablehnend auf die Initiative aus Kiew. Separatistenführer Alexander Sachartschenko sagte, wenn der Sonderstatus eine Unabhängigkeit des Donbass von der Ukraine bedeute, würde er dies begrüßen. Andrej Purgin, der als Vertreter der Separatisten an den Minsker Friedensgesprächen teilgenommen hatte, wurde deutlicher: „Dies ist ein Gesetz für die Ukraine. Für die Volksrepublik Donezk macht unser eigenes Parlament die Gesetze“, sagte er nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti.

Kritik gibt es aber nicht nur aufseiten der Separatisten. „Das ist kein Sonderstatus, sondern die Legalisierung der Terroristen und ein stilles Einvernehmen, dass die Ukraine nichts tun kann und sie den Krieg gegen Russlands Präsidenten Putin bereits verloren hat“, sagt die Kiewerin Elena. „Wenn der Verlust der Krim und des Donbass der Preis für die Unabhängigkeit sein soll, dann ist er ein sehr hoher.“

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