Kein Geld für Schutzhülle von Tschernobyl-Ruine

ATOM 615 Millionen Euro fehlen. Baustopp droht am durch den Super-GAU zerstörten Reaktorblock 4

BERLIN dpa | Der Bau einer dringend notwendigen Stahlhülle über den 1986 zerstörten Atomreaktor in Tschernobyl droht wegen Geldmangels zu scheitern. Es bestehe ein Finanzierungsdefizit von 615 Millionen Euro, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag in Berlin aus Regierungskreisen. Deutschland und die anderen G-7-Staaten konnten sich bisher nicht einigen, wie die Lücke geschlossen werden soll.

1997 hatten die sieben führenden westlichen Industriestaaten (G 7) den Aufbau eines Fonds vereinbart, um einen Sarkophag für Reaktorblock 4 zu finanzieren. Da der bisherige Betonschutz brüchig ist, wird zum dauerhaften Schutz vor hochradioaktiver Strahlung eine riesige neue Stahlkonstruktion gebaut, die erst zur Hälfte fertig ist. Die bisher zur Verfügung gestellten Mittel werden Ende 2014 aufgebraucht sein. Da Deutschland derzeit die G-7-Präsidentschaft innehat, kommt der Bundesregierung eine Schlüsselrolle zu. Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sagte: „Die Fertigstellung der neuen Schutzhülle für den Sarkophag ist unabdingbar, um den havarierten Reaktor sicher zu umschließen und seinen Abbau zu ermöglichen.“

Zugleich sei dies die Voraussetzung, um die Region Tschernobyl in einen ökologisch sicheren Zustand zu bringen. Die Bundesregierung werde sich dafür einsetzen, „dass die Finanzierungslücke für dieses Projekt von den Geberländern gemeinsam geschlossen wird.“ Für Mitte Oktober ist ein Treffen der G-7-Gruppe für Nuklearsicherheit geplant, um zusätzliche Zusagen einzusammeln. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace mahnte eine rasche Lösung an. Es wäre unverantwortlich, wenn der Bau abgebrochen werden müsste.

Mit einer Fläche von 42.000 Quadratmetern ist das Bauwerk fast dreimal so groß wie der Petersdom. Die atompolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion Sylvia Kotting-Uhl betonte, es könne nicht sein, dass in Tschernobyl aus Geldmangel wichtige Arbeiten nicht verrichtet werden. Die Grünen fordern wegen der Krise mit Russland ein umfassendes Sicherheitskonzept für die ukrainischen Atomstandorte.

Das Bundesfinanzministerium betont: „Im Bundeshaushalt 2014 und im Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2015 sind hierfür jeweils 7,65 Millionen Euro vorgesehen.“ Aber das ist längst nicht genug, wie eingeräumt wird. Das zuständige Bundesumweltministerium muss Minister Wolfgang Schäuble (CDU) noch Dutzende weitere Millionen abtrotzen.