Keine Esskultur ohne Staat

betr.: „Ran an die Möhre“

Ernährungspsychologen zeigten, dass Essverhalten früh geprägt wird und im weiteren Leben lange Spur hält. Ergo: Die dringend notwendige Ernährungsoptimierung hat so früh wie möglich im Kindesalter zu beginnen, genau genommen mit dem Ende des ausschließlichen Stillens, also beim sechs Monate alten Säugling. Und schon gibt es das Gläschen, dessen Inhalt und Herkunft immer weniger Mütter kennen und interessiert. Zum Glück unterliegt die Säuglingsnahrung der Diätverordnung; der Dschungel der Geschmacksmanipulation beginnt nach dem ersten Lebensjahr. Dass Ernährungserziehung auch etwas mit Ethik zu tun hat, zeigt die inzwischen schulmedizinisch akzeptierte vegetarische Ernährungsform für Kinder- und Jugendliche: Umwelt- und Tierschutz, Erziehung zur Gewaltfreiheit. Wie in anderen Bereichen unseres Lebens hat der Staat die Aufgabe, merkantile Auswüchse einzudämmen, zum Schutz des Individuums und der Integrität der Gesellschaft. Für die Esskultur (was, wie, wo und wie viel esse ich) ist die Zeit überfällig für ein staatliches Eingreifen.

HENNING SCHLOON, Kinder- und Jugendarzt, Glinde

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