Kein Anschluss bei der Telekom

Mit einem Warnstreik machen rund 1.000 Telekom-Beschäftigte in Berlin und Niedersachsen Druck gegen Lohnkürzungen und Arbeitszeitverlängerungen. Hintergrund sind die Tarifverhandlung über die geplante Auslagerung von 50.000 Mitarbeitern

Ein wichtiger Grund für die Probleme der Deutschen Telekom sind massive Verluste bei Festnetzanschlüssen. Rund 2,3 Millionen Kunden haben im vergangenen Jahr ihren Analog- oder ISDN-Anschluss gekündigt. In diesem klassischen Geschäftsfeld, in dem das Unternehmen traditionell hohe Gewinne erwirtschaftet hat, gab es damit zum Jahresende noch knapp 39 Millionen Kunden. Diese wechseln zum Teil zu Konkurrenten der Telekom. Immer mehr Kunden verzichten zudem komplett auf einen Festnetzanschluss, was durch neue Pauschalangebote im Mobilfunk zunehmend attraktiver wird.

Große Hoffnungen setzt die Deutsche Telekom auf das neue Hochgeschwindigkeitsnetz VDSL, das derzeit in 50 deutschen Großstädten ausgebaut wird. Doch auch hier droht Konkurrenz: Wie Anfang April bekannt wurde, will die Bundesnetzagentur den Konzern verpflichten, seinen Wettbewerbern auf dem Weg in die Haushalte Zugang zu den Telekom-Kabelrohren zu ermöglichen. In den Rohren könnten die Wettbewerber eigene Glasfaserkabel verlegen und so dem VDSL-Angebot der Telekom Konkurrenz machen. Wo ein Zugang zu den Kabelkanälen nicht möglich ist, sollen Konkurrenten Zugang zur Glasfaser der Telekom bekommen.

Auch im Mobilfunk muss sich die Telekom auf sinkende Gewinne einstellen, denn durch Billiganbieter sind die Preise in letzter Zeit deutlich gefallen. Zudem plant die EU einen Höchstpreis für Handy-Gespräche im Ausland. mkr

AUS Berlin RICHARD ROTHER

Zumindest eines könnte genervten Telekomkunden demnächst erspart bleiben: wegen eines Problems mit dem Telefonanschluss wieder minutenlang nutzlos in einer Callcenter-Leitung hängen. Denn die Telefonzentren des einstigen Monopolisten könnten dann gleich ganz dicht sein – weil die Belegschaft streikt.

Einen Vorgeschmack auf solche Arbeitskampfmaßnahmen gab es gestern in Berlin und Niedersachsen, wo nach Gewerkschaftsangaben rund 1.000 Beschäftigte an sechs Standorten an Warnstreiks teilnahmen. Für heute sind ganztägige Warnstreiks im Saarland angekündigt.

Mit den Streiks will die Belegschaft die monströse Auslagerung von 50.000 Stellen aus dem Bonner Konzern verhindern, mit der die Telekom die Löhne der betroffenen Beschäftigten drücken und die Arbeitszeit verlängern will. „Die Beschäftigten streiten dafür, dass die Telekom mit Ver.di einen tariflichen Schutz bei der geplanten Auslagerung in Service-Gesellschaften vereinbart“, sagte der Verhandlungsführer der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, Lothar Schröder. Nur so könnten die rund 50.000 betroffenen Beschäftigten vor dramatischen Einschnitten geschützt werden. Heute und morgen werden die Tarifgespräche zwischen der Gewerkschaft und der Telekom fortgesetzt. Die Gewerkschaft erwarte ein klares Signal des Telekom-Vorstands, so Schröder. Bleibe dieses Signal aus, so sei mit weiteren Warnstreiks zu rechnen.

In Berlin begannen die Streikaktionen gestern um sechs Uhr morgens. Betroffen vom Ausstand war ein Callcenter in Lichtenberg und ein Technikzentrum in Schöneberg. „Wir sind mit der Warnstreikbeteiligung voll zufrieden“, so der Berliner Ver.di-Telekom-Experte Mike Döning. Die Auswirkungen der Aktion auf Telekom-Kunden hätten sich aber noch in Grenzen gehalten

Ärgerlich findet Döning das Argument des Telekom-Vorstandes, mit den Auslagerungen den Kundenservice verbessern zu wollen. „Die Telekom will nur die Personalkosten herunterprügeln, um ihren Großaktionären Erfolge verkaufen zu können“, so Döning. Für besseren Service sei etwas ganz anderes notwendig: Man müsste die Leute in Ruhe arbeiten lassen, die EDV in Ordnung bringen und an der Schnittstelle zum Kunden mehr Personal einsetzen, meint der Gewerkschafter. „Das Auslagern löst keines dieser Probleme, sondern schafft nur neue.“

Döning bezweifelt sogar, dass es der Telekom darum geht, den Kundenexodus aufzuhalten. Verliere der Konzern weitere Kunden, sei der Status als Monopolist nicht mehr zu halten – und die Telekom müsste ihr Angebot in der Fläche nicht mehr aufrechterhalten, vermutet Döning. „Im Spreewald kostet ein Telefonanschluss 10.000 Euro.“ In Ballungszentren sei dieser viel günstiger. Bestimmte Wettbewerber finde man in der Fläche gar nicht.

Die Tarifverhandlungen über die geplanten Ausgliederungen waren in der vergangenen Woche ergebnislos vertagt worden. Die Telekom will die Arbeitszeit der Betroffenen von derzeit 34 auf mindestens 38 Stunden pro Woche anheben. Außerdem sollen die Einstiegsgehälter drastisch um bis zu 42 Prozent gesenkt werden. Der Telekom-Konzern will nach eigenen Angaben so seine Kosten dem Branchenniveau anpassen.