Eine Zuflucht für Iraker

Pro Asyl und der Europäische Flüchtlingsrat fordern EU auf, mehr Irakern Schutz in Deutschland zu gewähren

BERLIN taz ■ Weitgehend unbeachtet findet in unmittelbarer Nachbarschaft der EU eine Flüchtlingskatastrophe statt: Allein im vergangenen Jahr flohen hunderttausende Iraker aus ihrer Heimat, jeder dritte würde das Land gerne verlassen. Eine Woche vor dem Treffen der EU-Innenminister forderten Pro Asyl und der Europäische Flüchtlingsrat die deutsche Ratspräsidentschaft daher auf, Initiative zu ergreifen: Europa müsse mehr Iraker aufnehmen und damit die Nachbarstaaten in der Krisenregion entlasten, erklärten Vertreter der beiden Organisationen.

Heftige Kritik übte Pro Asyl vor allem an der deutschen Flüchtlingspolitik: Von den mehr als 2.000 Asylanträgen, die Flüchtlinge aus dem Irak im vergangenen Jahr in Deutschland stellten, wurde nicht einmal ein Zehntel bewilligt. 4.200 Irakern wurde der Status sogar wieder entzogen. Abgeschoben werden können trotzdem die wenigsten von ihnen: „Die Vorstellung, diese Menschen zurück in den Irak zu schicken, ist absurd“, erklärte Karl Kopp, Europareferent von Pro Asyl. Die meisten von ihnen sind hier demnach nur geduldet. Das bedeutet für die Betroffenen, dass sie nur eingeschränkt reisen dürfen und zusätzlich erschwerte Bedingungen bei der Arbeitsplatzsuche haben. Kopp kritisierte die deutsche Praxis als „kurzsichtig“, da die meisten von ihnen ohnehin auf absehbare Zeit hier bleiben müssten.

Der Großteil der Flüchtlinge schafft es allerdings gar nicht nach Europa: „Die Chance, hierher zu kommen, haben nur Flüchtlinge, die Geld haben und in einer guten körperlichen Verfassung sind“, so Kopp. Knapp zwei Millionen irakische Flüchtlinge halten sich in Nachbarstaaten des Irak auf. Die Flüchtlingsorganisationen forderten daher, die Länder in der Region zu unterstützen und mindestens 20.000 weitere Flüchtlinge in Europa aufzunehmen. Quoten könnten festlegen, wie diese auf die einzelnen EU-Staaten verteilt werden könnten. Deutschland solle als größtes Land in Europa nach Ansicht von Pro Asyl eine besondere Verantwortung übernehmen. NICOLE MESSMER