Grüne Zone unsicher

Erstmals direkter Anschlag in der gesichertsten Zone Bagdads. Bombe in Parlamentskantine explodiert

KAIRO taz ■ „Wir sind trotz Sicherheitsoffensive noch da und wir sind die wahren Herren im Haus“, lautet die Botschaft der Aufständischen in der irakischen Hauptstadt Bagdad. Um diesen Punkt zu unterstreichen, haben sie sich gestern mit der Parlamentskantine inmitten der schwer bewachten „Grünen Zone“ ein symbolträchtiges Ziel ausgesucht. Mindestens acht Menschen starben, als pünktlich zur Mittagszeit in der Kantine der Parlamentarier eine Bombe hochging, 13 weitere wurden verletzt.

Die Cafeteria befindet sich im ersten Stock der 275 Sitze umfassenden Volksvertretung. Die Abgeordneten hatten gerade die Hauptsitzung beendet, als sich die Explosion ereignete. Offensichtlich hatte der Sicherheitsdienst zuvor einen Tipp bekommen, da das Gebäude an diesem Tag von Spürhunden abgesucht worden war.

Der Anschlag ereignete sich, obwohl die amerikanischen und irakischen Truppen vor neun Wochen in Bagdad verstärkt worden waren, um in einer groß angelegten Sicherheitsoffensive die irakische Hauptstadt zu befrieden. Entsprechend ernüchtert äußerten sich einzelne Abgeordnete nach dem Anschlag in arabischen Fernsehstationen. „Dieser Plan ist hundertprozentig gescheitert. Er ist ein Flop. Die Explosion beweist, dass nun auch die Grüne Zone nicht mehr sicher ist, jenes Gebiet, von dem die Regierung immer behauptet, es sei schwer befestigt“, erklärte Chalaf al-Iljan, Abgeordneter der Front der Irakischen Eintracht.

Die Grüne Zone, in der sich fast alle Regierungsinstitutionen und die US-Botschaft befinden, gilt als das sicherste Gebiet im Irak. Es ist schwer vorstellbar, wie die Aufständischen die Bombe ohne die Mithilfe von Insidern dorthin geschmuggelt haben könnten. Das Viertel ist mit Betonsperren gesichert und kann erst nach strengen Kontrollen betreten werden.

Offensichtlich hat die Guerilla dennoch beschlossen, die Grüne Zone verstärkt in ihre Operationen einzubeziehen. Am 1. April waren dort bereits zwei Sprengstoffwesten gefunden worden, wie sie normalerweise bei Selbstmordattentätern zum Einsatz kommen. Letzten Monat kamen in der Zone zwei US-Soldaten durch einen Granatenbeschuss ums Leben. Kurz zuvor war bei einem Besuch des UN-Generalsekretärs nur hundert Meter von Ban Ki Moon entfernt eine Rakete eingeschlagen, als dieser in der Zone eine Pressekonferenz abhielt.

Ironischerweise hatten die Abgeordneten in ihrer gestrigen Sitzung gerade ein Attentat verurteilt, das sich am gleichen Tag in den frühen Morgenstunden ereignet hatte. In einer neuen Taktik hatte die Guerilla erstmals die Infrastruktur in Bagdad angegriffen und eine Brücke über den Tigris in die Luft gejagt. Ein mit Sprengstoff gefüllter Lastwagen brachte die 75 Jahre alte Sarafija-Stahlbrücke zum Einsturz. Mehrere Fahrzeuge stürzten in den Tigris. Mindestens zwölf Menschen kamen dabei ums Leben. Die Brücke ist nicht nur eine der wichtigsten Verkehrsadern der Stadt. Sie verband bis gestern auch Wasirijah, ein meist von Sunniten bewohntes Viertel, mit Utafijah, einen von Schiiten dominierten Stadtbezirk.

KARIM EL-GAWHARY