Ziel: Abschreckung

Deutsche Truppen von SS und Wehrmacht verübten im Zweiten Weltkrieg über 150 Massaker an der Zivilbevölkerung Italiens. 120 davon fanden allein im vorletzten Kriegsjahr 1944 statt, meist im Kampf gegen Partisanen oder andere Gruppen der Resistenza. Die Widerstandskämpfer selbst waren schwer aufzuspüren, sodass man an Gefangenen oder an Zivilisten, oft ganzen Dorfbevölkerungen Exempel statuierte und sie kollektiv der Unterstützung der Partisanen zieh. Das Massaker von Vallucciole im April 1944 war nur der Auftakt.

Die über 400 EinwohnerInnen des toskanischen Dorfes Sant’Anna beherbergten mehrere hundert Flüchtlinge, als sie sich am Morgen des 12. August 1944 von vier Kompanien der Waffen-SS umzingelt sahen. Offiziell waren die SS-Soldaten gekommen, um Widerstandskämpfer aufzuspüren, doch nach knapp vier Stunden war das Dorf vollkommen abgebrannt. Die über 560 Todesopfer waren überwiegend Frauen und Kinder.

Im Dorf Marzabotto mitten im Apennin, in dessen Hügeln sich die Partisanen aus der Emilia Romagna und der Toskana sammelten und organisierten, wurden vom 29. September bis zum 5. Oktober 1944 770 Zivilisten getötet. Auch hier ermordete eine SS-Panzergrenadierdivision unter dem Vorwand, gegen Partisanen vorgehen zu wollen, überwiegend Frauen, Kinder und ältere Menschen.

Die Massaker an der Zivilbevölkerung versuchte man als Vergeltungsmaßnahmen zu legitimieren. Nicht nur in Italien wurden bei diesen Aktionen Verluste in den eigenen Reihen nach Quoten gerächt, die man der Zivilbevölkerung zur Abschreckung mitteilte. Nach einem Anschlag in Rom im März 1944 wurde bekanntgegeben, für jeden der 33 getöteten deutschen SS-Männer seien 10 italienische Gefangene zu erschießen. Entsprechend starben in Rom über 350 Menschen – die Unterschreitung der Quote war nicht erlaubt. LOTTE EVERTS