Ohne Pardon

Joe wer? Bis vor wenigen Wochen war Josef „Joe“ Zinnbauer bestenfalls ganz hartgesottenen Fußballinteressierten ein Begriff. Zugegeben: Südlich des Mains hatte der gebürtige Schwandorfer sich einen Namen zu machen – zwischen Dritter und Fünfter Liga: Bamberg, Ulm oder Weismain waren nur einige Stationen seiner Spielerkarriere. Elf Vereine lernte er kennen. Als Trainer kamen weitere sechs hinzu. Im Fußballerjargon heißt so einer schnell „Wandervogel“.

Sesshaft aber wäre der 44 Jahre alte Oberpfälzer nur zu gern. Zinnbauer wurde überraschend zum Cheftrainer des krisengeplagten Hamburger SV ernannt. Nicht Felix Magath, Huub Stevens oder Thomas Tuchel – „Nobody“ Zinnbauer darf sich daran versuchen, das Bundesliga-Schlusslicht von den Abstiegsrängen zu führen.

Zwei Parameter führten zum Karrieresprung: Dem HSV mangelt es nach der alljährlichen Entlassung eines Cheftrainers im Spätsommer/Herbst an den finanziellen Mitteln, um einen arrivierten Fußballlehrer zu verpflichten – der würde ein zu sattes Gehalt einfordern. Aber Zinnbauer hat auch grandios auf sich aufmerksam gemacht: Mit der U 23 des HSV gelang ihm in der viertklassigen Regionalliga ein perfekter Start. Acht Spiele, acht Siege, Spitzenreiter!

Zinnbauer sprang dadurch in die Bundesliga, ins Profiteam. Und der akribische, erfolgsbesessene Arbeiter ist gekommen, um zu bleiben. „Es ist doch geiler, vor über 50.000 Zuschauern zu stehen als vor zehn Zuschauern“, sagte Zinnbauer auf der Pressekonferenz. „Ich habe Bock auf die Erste Liga. Vielleicht werde ich dafür bestraft, dass ich den Job angenommen habe, aber ich werde alles dafür tun, dass es in die andere Richtung geht.“

Vor dem Profitrainer-Debüt morgen gegen Bayern München hat er klare Vorstellungen: „Wenn es nicht funktioniert, hole ich mir Spieler aus der U 23, da kenne ich kein Pardon.“ Joe Zinnbauer: Dieser Name dürfte spätestens nach dem Spiel gegen München allen Fußballfans in Deutschland ein Begriff sein.  GÖR