Naumann sorgt für Ärger

Im DGB Ortsverband Harburg ist ein heftiger Konflikt entbrannt, ob der SPD- Bürgermeisterkandidat und Hartz IV-Befürworter Michael Naumann statt Ver.di-Vize Ulrich Meinecke zum 1. Mai sprechen soll

VON KAI VON APPEN

Es steht kein guter Stern über der 1. Mai-Veranstaltung des DGB im südlichen Harburg. Zumindest brodelt es im DGB-Ortsvorstand kräftig. Stein des Anstoßes: Obwohl eigentlich Ulrich Meinecke, Vize-Landeschef der Gewerkschaft Ver.di, auf der Maikundgebung als Hauptredner vorgeschlagen worden ist, hat DGB-Ortskartells-Chef Thomas Bredow den SPD-Bürgermeisterkandidaten Michael Naumann eingeladen. Und dass, obwohl Naumann für die Schrödersche Hartz VI- Doktrin steht. „Das DGB-Plakat mit der Ankündigung ‚SPD-Spitzenkandidat für die Bürgerschaftswahl 2008‘ ist ein Missbrauch der Macht“, sagt Detlef Baade, DGB-Ortsvorstandsmitglied, Eurogate-Betriebsrat und Sozialvertreter im Ver.di-Landesvorstand. „Die Gewerkschaften gehören nicht der SPD. Die Zeit ist vorbei.“

In Ungnade fällt Naumann besonders wegen seiner jüngsten Arbeitsscheu-Theorie und der positiven Haltung zu den Hartz IV-Gesetzen der ehemaligen rot-grünen Bundesregierung von Gerhard Schröder, der er als Staatsminister für Kultur angehörte. In einem Interview mit der Obdachlosenzeitung Hinzt & Kunzt sagte er : „Durch Hartz IV ist eine größere Bereitschaft entstanden, wieder zu arbeiten.“ Und er verweist auf die Amerikaner: „1977 hat die Clinton-Regierung die Sozialzahlungen massiv reduziert. Daraufhin stieg die Beschäftigtenzahl enorm. Ganz einfach, weil es keine Alternative gab.“

Während in der Ver.di-Landeszentrale am Besenbinderhof die Vorgänge in Harburg als „schrecklich“ kommentiert werden, versucht DGB-Kreischef Erhard Pumm die Wogen zu glätten. Es sei Gepflogenheit, dass der Ortsverband Harburg seine Mai-Veranstaltung selber gestaltet. „Da wollen wir auch nicht reinfummeln“, sagt Pumm der taz. Der DGB-Kreisvorstand in Hamburg habe niemals auf die Redner in Harburg Einfluss genommen. „Es entspricht auch nicht meinem Verständnis von innergewerkschaftlicher Demokratie“, sagt Pumm. Es sei nun mal in Harburg Tradition, dass auch Harburger SPD-Bundestagsabgeordnete wie Herbert Wehner und Hans-Ulrich Klose auftreten würden.

In Hamburg werden nach dem Auftritt von Rudolf Scharping im Wahlkampf 1994 in Planten un Blomen, wo es massive Proteste gab, keine Parteiredner mehr eingeladen.

Auch Baade verspricht jetzt, seinen Protest zu artikulieren. „Erstmals wird zum 1. Mai in Harburg ein Mann sprechen, der gegen gewerkschaftliche Forderungen antritt.“ Erhard Pumm, selber SPD-Abgeordneter in der Bürgerschaft, hält insofern dagegen, dass er Naumann in Sachen Hartz IV für „lernfähig“ halte. „Ich bin immer gegen Hartz IV und Fundamentalist gewesen“, sagt er, „und das bewahrheitet sich.“ Er glaube aber, dass SPD-SPitzenkandidat Naumann für gewerkschaftlichen Positionen gegenüber der Schröder‘schen Agenda 2010 offen sei.

Baade möchte indes, dass dem Vorbild des bayerischen DGB-Chef Fritz Schlösser gefolgt werde, der einen SPD-Redner wegen seiner positiven Haltung zur Rente mit 67 Jahren wieder ausgeladen hat. „Man muss auch mal mit solchen Maßnahmen deutlich machen, dass es nicht geht, auf Veranstaltungen den Menschen etwas zu versprechen“, sagte Schlösser im Bayrischen Rundfunk, „und auf der anderen Seite Gesetze zu beschließen, mit denen man eher das Gegenteil bewirkt.“

Der ehrenamtliche DGB-Harburg-Chef Thomas Bredow was gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.