Der Glanz der alten Tage

Neues vom Fußballgott: Mit einem 4:1-Sieg gegen den AZ Alkmaar weckt Fußball-Bundesligist Werder Bremen im Uefa-Cup die Erinnerung an längst verloren geglaubtes Fußball-Kino

Das hat man lange nicht mehr gehört im Weserstadion. Zurecht – wie man anfügen muss. Exakt 1.158 Minuten haben die Statistiker unter den Sportreportern gezählt, 1.158 Minuten ohne ein Tor. Ein Tor von ihm.

Selbst bei den Trainingsspielchen hat er es nicht mehr getroffen. Und jetzt feiern 30.000 Fans lauthals „Miro Klose Fußballgott“. Er ist wieder auferstanden. Und Werder Bremen besiegte den AZ Alkmaar mit 4:1. Werder spielt nun im Uefa-Cup-Halbfinale in zwei Wochen gegen den spanischen Tabellenneunten Espanyol Barcelona, der Benfica Lissabon ausschaltete. Zu erwarten war das alles nicht, jedenfalls nicht in dieser Fulminanz.

Selbst hart gesottene Werderaner hatten sich an diesem Abend auf ein eher mühsames 2:1 eingestellt. Zuletzt sprach der zähe Heimsieg gegen Nürnberg gegen die Bremer. Die Mannschaft des ehemaligen Barça-Trainers Louis von Gaal indes wird stets für ihre offensive Spielweise gelobt, in der holländische Ehrendivision hat sie noch Chancen auf den Titel, im Uefa-Cup verlor sie nur ein Auswärtsspiel. Und dann muss mit Per Mertesacker, Pierre Womé und Christian Schulz verletzungsbedingt auch noch die halbe Werder-Abwehr passen.

Doch Werder mühte sich von Anfang an, seine Verteidigung zu schonen. Zumal sie beim, wenn auch einzigen, Tor des AZ Alkmaar nicht wirklich gut aussah. Da konnte ein Moussa Dembélé den Ball aus gut 20 Metern an Naldo ebenso vorbei zirkeln wie an Torwart Wiese. „Wir haben das Spiel über weite Strecken dominiert“, wird van Gaal nachher sagen. „Nennen Sie mir eine Chance, die Alkmaar hatte“, wird Torsten Frings, der Bremer Kapitän, antworten. Um dann doch zuzugeben, das Ergebnis sei „um ein Tor zu hoch ausgefallen“.

In der 16. Minute landet ein weiter Bogenschuss des Brasilianers Diego vor den Füßen eines eben erst ins Team zurückgekehrten Tim Borowski. Der lässt sich die Gelegenheit nicht nehmen – 1:0. Und kurz nach Dembélés Ausgleich waren auch die torlosen Minuten des Herrn K. gezählt. Aaron Hunt ist es, der ihn gekonnt in Szene setzt. Sie wollten es ihm so leicht wie möglich machen. Aus fünf Metern grätscht Klose den Ball ins leere Tor, da konnte wirklich nichts mehr schief gehen. Doch wirklich reif für sein legendäres Salto war erst die 62. Minute, als Klose den Ball nach einer Flanke von Diego unhaltbar ins Tor köpfte. Da blitzte er wieder auf, der Glanz der alten Tage.

„Ob der Bann gebrochen ist, wird sich erst am Sonntag zeigen“, sagt nachher Werder-Manager Klaus Allofs. „Dortmund kämpft ums Überleben und wird alles geben. Aber wir wollen die Meisterschaft gewinnen und so werden wir auch antreten.“ Die Hoffnung ist geweckt.

Diegos 4:1 ist ein Tor für die Galerie: ein steiler Pass von Owomoyela, eine Hacke von Almeida, eine Vorlage von Klose, ein Diego, der gerade lang genug auf des Torwarts Reaktion warten kann, ehe er ein abgeklärtes Tor zaubert. „Wir haben viel von dem wiedergefunden, was uns in der Hinrunde ausgezeichnet hat“, sagte Werders Trainer Thomas Schaaf nach dem Spiel, „wenn auch noch nicht in der Klarheit.“ Und Miroslav Klose? Sagt lieber gar nichts. Er möchte diesen Abend mit sich verbringen, lässt er ausrichten. JAN ZIER