Leicht und lupfig

Der Tabellenführer FC Schalke 04 überrennt die hilflose Elf des FSV Mainz 05 und will bald schon Schampus statt Schorle trinken

AUS MAINZ FRANK HELLMANN

Zum königsblauen Gefolge zählt seit ein paar Jahren auch Christian Frank. Der gute Mann ist Ökotrophologe und damit indirekt verantwortlich dafür, was Schalker Profis nach den Spielen zu sich nehmen. Auch nach dem 3:0-Erfolg beim völlig verschreckten FSV Mainz 05 war der Tisch wieder reich gedeckt. Darauf: viel Obst, Mineralwasser, Elektrolyte, Apfelschorle.

Brav schnappten sich die Kicker die Plastikflaschen, ehe sie artig in der Mixed Zone zur verbalen Nachbereitung des Spiels marschierten. Während Marcelo Bordon im Bauch des Bruchwegstadions stolz übers kollektive Wirken parlierte („Nur so kannst du in Mainz gewinnen: Du musst intelligent spielen!“), nippte der Brasilianer immer wieder am Energiegetränk. Allmählich sollte man sich darauf einstellen, dass dieselben Spieler bald enthemmt mit Sekt aus großen Flaschen herumspritzen oder Bier aus riesigen Gläsern trinken. Mit der sehenswerten Vorstellung in Mainz verfestigt sich der Eindruck: Die lähmende Sehnsucht, seit 49 Jahren keine Meisterschaft geholt zu haben, könnte in dieser Saison erlöschen – am besten natürlich am vorletzten Spieltag beim Erzrivalen Borussia Dortmund.

Direkt nach dem Spiel stimmten Anhänger und Fans voller Inbrunst und mit wilder Tanzeinlage den Singsang darauf an, genau dort Deutscher Meister zu werden. Mirko Slomka intervenierte nicht – im Gegenteil. „Mir ist egal, wo wir den Titel holen“, sagte der Trainer, „Hauptsache, wir holen ihn.“ Nüchtern belobigte Slomka sodann den „sehr souveränen, sehr klugen, sehr gelassenen Auftritt. Das war ein wichtiger Meilenstein für uns.“

Und vor den Augen von Bundestrainer Joachim Löw ein wahrhaft meisterlicher dazu: Gestützt auf eine überragende Defensive, in der Marcelo Bordon und Mladen Krstajic das zweikampf- und kopfballstärkste, dazu stellungssicherste Innenverteidigergespann der Liga bilden, genügten der Slomka-Elf zielgenaue, geniale Momente, um in der Offensive die Partie zu entscheiden. Kevin Kuranyi düpierte den unglücklichen Nationalmannschaftskollegen Manuel Friedrich – 1:0 (10.). Gerald Asamoah hechtete den Ball nach Kuranyi-Kopfball und Rafinha-Flanke ins Tor – 2:0 (34.). Und schließlich lupfte Lincoln das Spielgerät mit einer Leichtigkeit in die Maschen, die in dieser Selbstverständlichkeit schier verblüffte – 3:0 (71.). Es war überdies der Treffer, den Cassio de Souza Soares, kurz Lincoln, zur Krönung des Comebacks gebraucht hatte. „Ich habe mich gefreut wie ein Kind“, gab der Brasilianer zu, „denn ich habe in den vergangenen Wochen viel gemacht, um in guter Form zurückzukommen.“ Was zu besichtigen war: Als hätte es die Fünf-Spiele-Sperre nicht gegeben, führte der 28-Jährige Regie. Er bestimmte feinfühlig den Rhythmus, dosierte technisch perfekt das Tempo, dirigierte gestenreich die Mittelfeldkollegen. Wenn einer meint, auf Schalke müsse man sich vom Heißsporn Lincoln emanzipieren, der irrt. „Es war die richtige Antwort auf das, was passiert ist“, lobte Slomka seine Nummer zehn, „er gibt uns eine gewisse Ruhe am Ball, deshalb brauchen wir ihn.“ Auch Manager Andreas Müller stimmte Elogen auf einen „extrem wichtigen und wertvollen Spieler“ an: „Mit ihm läuft der Ball besser, besitzen wir mehr Offensivkraft und im Spiel nach vorne noch mehr Waffen.“ Was gerade für die kommende Aufgabe vom Kaliber Cottbus wichtig werden könnte.

Müller und Slomka gefielen sich am Samstag in ihren entspannten Referaten „über ein perfektes Spiel“, ohne allerdings den Eindruck zu vermitteln, als neigten sie selbst oder das Ensemble noch zum leichtfertigen Überschwang. Brav berichteten die Aktiven davon, wie schwierig das nächste Heimspiel sei. Aber dieser Kader leidet nicht an mangelndem Selbstbewusstsein. „Wenn wir am vorletzten Spieltag in Dortmund Meister werden“, versprach Gerald Asamoah froh gelaunt, „dann laufe ich zu Fuß nach Hause. Das wäre eine überragende Geschichte.“ Der pfundige Asamoah könnte sich ein paar Blasen laufen.