Die Wunder der Welt

LATIN-ROCK Der Durchbruch kam mit einer Reise nach Kuba. Seitdem begeben sich Jarabe de Palo immer wieder auf Entdeckungstour

Die kleinen Geschichten aus dem Alltag inspirieren Pau Donés zum Komponieren

VON KNUT HENKEL

„Wir wollten die Sicherheit haben, genau das machen zu können, was wir wollen“, erklärt Pau Donés. Folgerichtig nabelten sich Jarabe de Palo ab, gründeten Tronco Records und machen das, worauf Bandleader Pau Donés und seine Mitstreiter Bock haben. Zum Beispiel in Malis Hauptstadt Bamako zu fahren und dort mit den Musikern und dem Chor des Konservatoriums eine Platte einzuspielen oder mit so unterschiedlichen Musikern wie dem Kubaner Eliades Ochoa oder dem spanischen Pop-Barden Alejando Sanz ins Studio zu gehen. Jaraba de Palo sind eigenwillig und überaus neugierig. Daran hat sich seit ihrem Debüt 1996 nichts geändert.

Damals stellte sich Pau Donés mit seinen Mitstreitern auf ein Hochhausdach und spielte das Video zu „La Flaca“ ein. Die rockige Ballade mit dem karibischen Touch wurde zum spanischen Sommerhit 1997 und sorgte dafür, dass Jarabe de Palo fortan zu den großen Acts Barcelonas gehörten. Davon zeugen mehr als vier Millionen verkaufte Silberlinge. Verantwortlich für den musikalischen Durchbruch war dabei die Reise Pau Donés, der damals seine Miete noch in einer Werbeagentur verdiente, nach Havanna. Wie ein Schwamm saugte er die kubanischen Rhythmen auf, die auf den mittlerweile acht Alben immer wieder durchschimmern. Doch festgelegt auf ein Genre haben sich die fünf Musiker um Bandleader und Songwirter Pau Donés ohnehin nicht. Davon zeugen so grandiose Songs wie „El Lunar de María“, welches Donés 1998 gemeinsam mit Peret aufnahm. Der Maestro der katalanischen Rumba, der in den 70er Jahren mit einigen grandiose Gypsi-Soul-Nummern glänzte, forderte Pau Donés damals auf, die Wunder der Welt zu entdecken. Den Rat hat der heute 45-Jährige ernst genommen und ist immer wieder auf Entdeckungsfahrt gezogen. Aus seiner Liebe zum Flamenco, zum Blues, aber auch zum Reggae Bob Marleys macht Donés dabei kein Hehl, weiß aber zugleich, dass er den großen Gitano-Gitarristen und Blues-Sängern erst gar nicht nacheifern muss. „Auch in der Fusion steckt Kraft“, lautet das Credo der Band. Die Zusammenarbeit mit Salsa-Legende Celia Cruz bestätigt das genauso wie die mit dem italienischen Sänger Jovanotti.

Dabei sind es die kleinen Geschichten aus dem Alltag, die Pau Donés zum Komponieren inspirieren. „Liedtexte aus der Erfahrung von vielen Jahren Licht und Schatten“, nennt das der Familienvater. Dessen Bruder Marc gehört eigentlich auch zur Band, ist für die Videos verantwortlich und sitzt bei Tronco Records auch am Mischpult. Doch die Brüder zeigen auch mal Flagge. „Manchmal“, so Pau, „muss man den Mund aufmachen.“ Über die Armutsemigration aus Afrika und Lateinamerika nach Spanien hat er genauso geschrieben wie über die Sensationsgier der Medien nach dem Al-Kaida-Attentat im März 2004 in Madrid. Stücke, die dem locker optimistischen Image der neugierigen Fusionisten aus Barcelona widersprechen. Auch die deutlich rockiger daherkommende neue CD „Y ahora qué hacemos“ wartet mit der einen oder anderen Überraschung auf. Davon kann man sich heute in der Fabrik überzeugen.

■ Do, 12. 5., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36