Tschüss, Kohle-Ausgleich

WENDE In Schwerin ging der erste kommerzielle Stromspeicher ans Netz. Die Technik macht Braunkohlekraftwerke überflüssig

Es muss immer so viel Strom ins Netz eingespeist werden, wie verbraucht wird. Dafür sorgen bisher vor allem Gas- und Kohlekraftwerke. Doch nun funktioniert das auch mit Solar- und Windkraft: Am Dienstag ging Europas größter Kurzzeitspeicher in Schwerin ans Netz und gleicht die Differenz zwischen Angebot und Nachfrage im Stromnetz aus.

„Der Speicher ist ein Meilenstein“, sagt Michael Sterner von der Technischen Hochschule Regensburg, „denn damit gelingt es uns zum ersten Mal, konventionelle Kraftwerke überflüssig zu machen.“

Die Kohlekraftwerke, die bisher die sehr kurzfristigen Schwankungen ausglichen, „verstopfen mitunter die Netze, da sie für diesen Dienst der Systemstabilität immer laufen müssen“, sagt Sterner. Das wäre bisher das Totschlagargument, sie am Netz zu halten. Doch mit der neuen Speichertechnik kann diese Dienstleistung auch mit Wind und Sonne in Kombination mit dem Batteriespeicher geleistet werden.

Der regionale Stromanbieter Wemag investierte als erster Versorger in diese Speichertechnik. Durch das Netz fließen nach eigenen Angaben bis zu 86 Prozent erneuerbare Energien in die Batterie ein. Der bundesweite Durchschnitt von erzeugten erneuerbaren Energien lag 2013 laut dem Bundesverband der Energiewirtschaft hingegen unter 24 Prozent. Das Bundesumweltministerium subventionierte den Speicher mit 1,3 Millionen – 20 Prozent der Baukosten.

Eine Anfang der Woche veröffentlichte Studie, die auch Sterner mit herausgegeben hat, besagt, dass für die Energiewende keine zusätzlichen Speicher nötig sind. Dies gilt allerdings nur für die Langzeitspeicher. Die Batterie in Schwerin speichert kurz. Zudem gehen laut Betreiber nur unter 10 Prozent des Stroms während des Speichervorgangs verloren.

5 Megawattstunden können die 25.000 Lithium-Ionen-Akkus innerhalb einer Stunde speichern. Das ist so viel, wie 1.000 Haushalte an einem Tag verbrauchen. Doch wird der Speicher niemals völlig entladen, sondern nur die kleinen Mengen ins Stromnetz eingespeist, die gerade nötig sind.

Die Software des Berliner Unternehmens Younicos betreibe den Speicher so sanft, sagt Sterner, dass der Akku-Hersteller Samsung SDI erstmalig eine Garantie auf die Lithium-Ionen-Akkus von 20 Jahre vergibt. Nur so werde der Speicher rentabel: „Das ist ein ähnlicher Durchbruch wie zu den Anfängen der Photovoltaik.“ SVENJA BEDNARCZYK