Ergebnisse im Jeep des Wahlkampfmanagers

Wie im nigerianischen Bundesstaat Anambra ohne Zutun der Wähler ein Wahlergebnis fabriziert wurde

NNOBI taz ■ Die zahlreichen Wähler vor der Gemeindehalle in Idemili South glaubten, ein Déjà-vu zu erleben. Es war wie 2003: Die Offiziellen der Wahlkommission (Inec) trafen erst mittags ein, und sie brachten zwar Wahlzettel, nicht aber die Ergebnislisten mit, auf denen das Resultat der Auszählung festgehalten wird. Als die aufgebrachten Wähler sich weigerten, unter diesen Umständen zu wählen, wurden die Dokumente nachgeliefert – aber nicht im Original. Schließlich unterschrieben die Inec-Offiziellen eine Erklärung, dass die Wahlen nicht stattgefunden hätten, und ließen die Wahlzettel von einem schwerbewaffneten Polizeikommando abholen.

Dasselbe Bild bot sich bei der Gouverneurswahl vom Samstag nach Augenzeugenberichten in den meisten Teilen des Bundesstaates Anambra, wo schon die Kandidatenaufstellung für bitteren politischen Streit gesorgt hatte. Zum Teil entlud sich die Enttäuschung der Wähler in Gewalt. Im ganzen Bundesstaat wurden mindestens drei Inec-Büros niedergebrannt. In Oba, nahe der Handelsstadt Onitsha, sollen die Wahlen zwar stattgefunden haben, berichtet der Augenzeuge Emeka E.; als jedoch die Wahllokale schließen sollten, seien zwei Kleinbusse mit schwerbewaffneten Männern in Zivil angefahren gekommen, und die Männer hätten die Wahlurnen an sich genommen. „Leute von der PDP“, sagt Emeka – das ist Nigerias Regierungspartei.

Für die Wähler steht fest, dass PDP-Kandidat Andy Uba dahinter steckt. Gemeinsam mit seinen zwei Brüdern dominiert er seit Jahren die politischen Geschehnisse in Anambra. Für die schwerreiche Industriellenfamilie Uba ist Politik ein Geschäft, in dem Gelder investiert und gigantische Gewinne erwirtschaftet werden können. Auf dem Weg zum Erfolg sind den Brüdern alle Mittel recht. Ein PDP-Mitglied, das ungenannt bleiben will, hat der taz bestätigt, PDP-Mitglieder hätten schon am Vorabend der Wahl Ergebnislisten im großen Stil ausgefüllt. Nach einem Zeitungsbericht wurden 21 Busse, die Ergebnislisten für die PDP transportierten, von der Armee eingezogen. Noch pikanter ist der Fund von ausgefüllten Ergebnislisten im Jeep von Andy Ubas Wahlkampfkoordinator.

Anambras Gouverneur Peter Obi spricht auf dem Lokalsender ABS ohne Umschweife von Verzögerungen, Wahlmanipulation und Gewaltexzessen. Sein Fazit ist klar: „In Anambra State haben keine Wahlen stattgefunden.“

Am Montagmorgen lässt Inec über die Radios verkünden, dass Andy Uba die – natürlich fairen und freien – Wahlen gewonnen hat. Demonstrationen seien nicht gestattet, das Militär werde rigoros vorgehen.

Während in der Provinzhauptstadt Awka Krawalle erwartet werden, zeigt sich die Bevölkerung desillusioniert. PDP-Mitglieder feiern ihren „Sieg“ und freuen sich auf die versprochene Belohnung. Oppositionsangehörige sehen sich als Verlierer. Die unpolitische große Mehrheit ist zwar zutiefst enttäuscht, aber bereit, zur Tagesordnung überzugehen. Eine Lehrerin sagt: „Wir können nur hoffen, dass Gott es richten wird. Alles andere ist verschwendete Zeit.“ MONA HOPE