Machtkampf um Ex-Staatsbank

Am Donnerstag beginnt der Landtag mit der Aufklärung der WestLB-Affäre. Doch für die einstige Düsseldorfer Landesbank ist längst die Bankenaufsicht und die Staatsanwaltschaft zuständig

VON MARTIN TEIGELER

Ist er verhindert oder hat er keine Lust? WestLB-Vorstandschef Thomas R. Fischer wird morgen nicht im Düsseldorfer Landtag über die neuesten Probleme seines Hauses sprechen. „Ich weiß nicht, ob überhaupt eine Einladung vorlag“, sagt Banksprecher Hans Albers. Ohnehin habe die Staatsanwaltschaft „die Fäden in der Hand“. In absehbarer Zeit werde Fischer den Politikern aber Rede und Antwort stehen.

Erst die Justiz, dann die Politik – die Episode um den ausgefallenen Auftritt des WestLB-Managers bei der morgigen Sitzung des NRW-Finanzausschusses verdeutlicht die neuen Prioritäten bei der einstigen NRW-Staatsbank. Der peinliche Vorgang um angeblich 100 bis 300 Millionen Euro teure Fehlspekulationen von WestLB-Mitarbeitern ist eine Wirtschafts- und keine Politaffäre.

Gestern nahm die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft gegen zwei ehemalige Aktienhändler der WestLB Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue auf. Die Bank hatte beide Mitarbeiter nach verlustträchtigen Aktiengeschäften fristlos entlassen und Strafanzeige gegen sie erstattet.

Im Landeskriminalamt werde sich eine „Ermittlungsgruppe“ um den Fall kümmern, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Es habe erste Gespräche mit der Handelsüberwachungsstelle der Frankfurter Börse, der staatlichen Finanzaufsicht BaFin – die derzeit eine eigene Prüfung in Düsseldorf vornimmt – und der WestLB gegeben. Die zwei entlassenen Mitarbeiter sollen jahrelang die Schlusskurse der Vorzugsaktien von METRO, BMW und VW manipuliert haben. Das System soll aufgeflogen sein, als sich die WestLB-Händler in großem Stil bei VW-Vorzugsaktien verspekulierten.

Eine Bankenaffäre bei einer ganz normalen Bank? Nicht ganz. Laut Medienberichten soll hinter den Kulissen ein Machtkampf zwischen dem Modernisierer Fischer und den Kräften der alten WestLB toben – die Spekulationsaffäre verschärfe angeblich diese hausinterne Auseinandersetzung. Die FAZ berichtete, „aus Fischers Umfeld“ heiße es, einer der jetzt verdächtigen Mitarbeiter habe in der Bank „zu den Verbliebenen gehört, die aus der Zeit der jahrzehntelangen Herrschaft der nordrhein-westfälischen SPD großen Einfluss hatten“.

Die alte WestLB: Bis Ende der 90er Jahre – unter der Regentschaft des mittlerweile toten Bankbosses und roten Revierpaten Friedel Neuber – galt die Bank als kapitalisierte Absicherung der SPD-Herrschaft. Seit der 2002 wirksamen Teilentstaatlichung liegt der Landesanteil bei der Aktiengesellschaft nur noch bei 37 Prozent. Mittelfristig will Schwarz-Gelb den WestLB-Landesanteil verkaufen. Die FDP macht nun Druck: „Es kann nicht Aufgabe des Landes sein, eine privatwirtschaftlich und international tätige Bank zu begleiten“, sagte gestern ihr Vize-Regierungschef Andreas Pinkwart.

Die Opposition reagierte bei Bekanntwerden des Falls in der vergangenen Woche wie einst zu Friedel Neubers Zeiten. „Wir sind erschüttert über die aktuellen Vorwürfe, gerade weil die WestLB für den Finanzplatz NRW eine große Bedeutung hat“, sagte Grünen-Fraktionschefin Sylvia Löhrmann. Der SPD-Landtagsabgeordnete Martin Börschel forderte, dass WestLB-Chef Fischer in den Finanzausschuss kommen müsse. Doch dazu wird es – vorerst – nicht kommen.

Die Politik muss warten – und beschäftigt sich mit selbst. Morgen wird zunächst einmal CDU-Finanzminister Helmut Linssen, der für das Land im Aufsichtsrat der Bank sitzt, im Finanzausschuss befragt. Doch dem Ressortchef fehlen noch wichtige Informationen: „Wir müssen den Bericht der Bankenaufsicht kennen“, sagt eine Sprecherin Linssens. Auch Aufsichtsratschef Rolf Gerlach vom Westfälisch-Lippischen Sparkassen- und Giroverband lässt auf Nachfrage mitteilen: „Ohne den Bericht der Bankenaufsicht ist alles Spekulation.“