An- und Verkauf im Süden

Verkaufswillige Eigner des Süddeutschen Verlages setzen Buchprüfung durch – Gericht erwartet „Prozesswelle“

Im Streit um eine Buchprüfung beim Süddeutschen Verlag (SV, u. a. Süddeutsche Zeitung) hat die Wirtschaftskammer des Landgericht München 1 gestern zu Gunsten der verkaufswilligen Gesellschafter des SV entschieden. Die vier Eigner-Familien Goldschagg und von Seidlein (je 18,75 %) sowie Schwingenstein (16,67 %) und Dürrmeier (8,33 %) können wie gewünscht eine Buchprüfung (due diligence) in Auftrag geben – gegen den Willen der beiden anderen Anteilseigener Friedmann und Südwestdeutsche Medienholding (SWMH), die je 18,75 Prozent besitzen. Mit der Unternehmensanalyse wird der Wert des SV ermittelt werden – das Papier soll potenziellen Käufern übergeben werden und ihnen bei der Einschätzung helfen. Sofern alles läuft wie von den vier verkaufswilligen Verlegerfamilien gedacht, wird die Analyse wohl ergeben: ein nach Turbulenzen gesundeter Verlag samt auflagenstärkster Qualitätszeitung der Republik, kurzum ein lohnendes Anlageobjekt mit Wachstumspotenzial und hohem Marktwert, um das sich viele zahlungskräftige Investoren bewerben werden.

Genau wegen dieser vorhersehbaren Folgen versuchte die SWMH die Buchprüfung per einstweilige Verfügung zu untersagen. Seit dem Krisenjahr 2002 ist die SWMH ebenfalls beteiligt und will ihre Anteile weiter aufstocken – aber natürlich möglichst günstig, also ohne Wirtschaftsgutachten und Konkurrenten. Das Argument der SWMH-Anwälte: „Es geht nicht um eine normale due diligence.“ Schließlich stünden überhaupt noch keine konkreten Verkäufer bereit. Ungewöhnlich sei auch, „die gesamte Herrschaft in die Hand eines Gesellschafters“ zu legen, so die SWMH-Kritik.

Gemeint ist die Familie Dürrmeier, die den Verkauf am stärksten forciert. „Es ist nicht außergewöhnlich, wenn ein 83-Jähriger und ein 69-Jähriger ihr Haus bestellen wollen“, rechtfertigte Dürrmeier-Anwalt Laurenz Schmitt das Verkaufsinteresse seiner Mandaten. Das derzeitige Angebot der SWMH-Gesellschafter an die verkaufswilligen Familien: 7,5 Millionen Euro pro Anteilsprozent. „Das ist unterhalb des Einstiegspreises von 2002“, moniert Schmitt. „Es ist offensichtlich, dass die SWMH versucht, ein Schnäppchen zu machen.“ Seinen Angaben zufolge wird nach dem ersten Sieg vor Gericht der Auftrag zur due diligence erteilt, Ende Mai soll das Gutachten fertig sein. Währenddessen wird die SWMH wohl die Revision anstreben. Die Prognose des Gerichts: „Es wird eine Prozesslawine werden.“ MH